Rauhnaechte – Zeit fuer Rueckblick: Teil 1 – Auf der Kuhfarm, 2004 + 2005

Heute, am 27.12., vor 15 Jahren sassen wir in einem Flugzeug nach Calgary, der Herr Chef und ich. Ich mit klammen Haenden und sehr krampfig, und der Chef wie meist ziemlich wortlos, aber wahrscheinlich sehr entspannt. Im Gepaeck: der kleine Hund. Der Original-, der erste Kleine Hund. Hier abgebildet mit dem jugendlichen Herrn Chef in unserem Motelzimmer in Edmonton, wo wir, weil wir an einem Samstag ankamen, bis Montags auf unser restliches Gepaeck warten mussten.

Angekommen auf der Farm, auf der wir die naechsten zwei Jahre zu verbringen gedachten, oder so war jedenfalls der Plan, lernten wir alle ganz schoen schnell, dass kalt in Kanada gaaaanz anders sein kann als kalt in Deutschland.

Was ich auch noch lernte: Ich war super-naiv, was „fremde Laender“ angeht, hatte ich doch in meinem gut ueber 40jaehrigen Leben nie viel reisen wollen und war gerade mal bis England, Irland, Daenemark und Italien gekommen als weitestes. Alles schien anders, vor allem aber das Essen. Und die Entfernungen. In der Kombination hiess das: Was ich beim Einkaufen in der Stadt vergass, gab es dann auch praktisch nicht bis zur naechsten Fahrt in die Stadt, alle zwei, drei Wochen oder so.

Also uebte ich Brot backen, und gaertnern, wir schafften uns gleich im ersten Jahr Ziegen an, und ich versuchte mich in der Herstellung von Quark und Kaese machen. Der Chef konnte endlich auf die Jagd gehen, und ich lernte, beim „Versorgen“, also dem Ausnehmen und Zerlegen des erlegten Wildes, nicht in Ohnmacht zu fallen, sondern mit anzupacken.

Wir lebten von einem sehr kleinen Lohn, den Gereon als Aufpasser auf die Kuhherde und Vertretungsfarmer bekam, von kleinen Auftraegen, die ich noch fuer meine deutschen Kunden erledigen konnte, und immer war das Geld sehr knapp. BSE traf uns hart, weil die Krankheit just in unserem ersten Jahr in Kanada aufgetreten war und die Rinderpreise in einen bodenlosen Absturz trieb. Unsere Zwei-Drittel-Beteiligung am herbstlichen Kaelberverkauf war klein und ohne freundliche Zuwendungen aus Deutschland und ohne Rueckgriff auf das deutsche Konto waere es wirklich sehr schwierig geworden.

Gleich im ersten Jahr kamen nicht nur die Ziegen, sondern auch einige Bienenvoelker – ich lernte auch Honig schleudern. Und hatte sogar ein sehr nettes Pferd zur Verfuegung.

Es gab Hirschbraten auf dem Holzofen, Bueffelherden hinter Zaeunen, Schnee, Schnee, Schnee, jede Menge Kaelber, ich lernte Ziegen melken, wir schafften Huehner und Puten an, es kam Besuch aus Deutschland…

Langweilig war es nie. Schwierig oft. Schoen meist. Ich arbeitete in der kleinen Buecherei im Dorf, und wir bastelten an unserer Einwanderung. 2005 war sie durch, und wir und meine Toechter hatten alle eine offizielle kanadische Aufenthaltsgenehmigung. Ganz schoen aufregend!

Und weil, wie immer am Jahrestag unserer Einreise, heute auch Chef-Geburtstag ist, hoere ich jetzt mal auf. Morgen geht’s vielleicht weiter…

3 Gedanken zu „Rauhnaechte – Zeit fuer Rueckblick: Teil 1 – Auf der Kuhfarm, 2004 + 2005

  1. canadaeinfach

    Einwandern im Winter, das ist eine spezielle Herausforderung. Wir sind im Februar 2000 nach Nord-Ontario eingewandert und hatten auch erst mal ein Kälte-Aha-Erlebnis.
    Chapeau, was ihr alles geschafft habt!

    1. Petra Autor

      wahrscheinlich ist es gut, dass man nicht immer alles so genau im voraus weiß, liebe anita. ich haette mich sonst sicher nicht bis hierhin getraut. und sehr viel verpasst!

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