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„Selbst ist die Frau“, S2:E1

Fand ich irgendwo, gefiel mir sehr. Das darf dieses Jahr mein Motto sein. (Uebersetzt in etwa: Solo – Vergeben – Baue mein Imperium)

Ich sag’s euch, frau kann echt was schaffen. Waehrend ich das schreibe, sitze ich im sehr gut bewohnbaren „Sun Room“, koennte man wahrscheinlich einen Wintergarten nennen. Draussen liegt immer noch bzw. wieder einiges an Schnee, denn meine Hoffnung auf ein unmittelbar bevorstehendes Fruehjahr im Januar bestaetigte sich natuerlich nicht. Waere auch beunruhigend gewesen, das Wetter ist so schon schwierig und unberechenbar genug. Meine Blick-Optionen sind ungefaehr so:

Das Thermometer im Schatten auf der Bank sagt 23 Grad, das macht allerueberwiegendst die Sonne. Als naechstes werde ich ueber Schattierungsmoeglichkeiten nachdenken muessen. Und ob ich anstreiche oder nicht. Und was ich mit dem Betonboden mache, der mir erstaunlich gut gefaellt, so wie er ist. Aber ich sehe das Risiko von Rotwein- und/oder Kaffeeflecken…

Bevor es aber so wurde, kehrte der Winter noch einmal zurueck, und zwar so richtig.

Waere nicht noetig gewesen, kam aber nicht unerwartet. Bis auf ein sowieso kraenkelndes Huhn, das Gereon ins Jenseits befoerdern musste, gab es keine Verluste – aber verflixt, es war kalt. Ich habe tapfer durchgemolken, nur einen Tag ausgelassen, den ich fuer den kaeltesten hielt. War falsch, es kam noch kaelter. Die arme Tilda hatte ein bisschen Hauterfrierungen an den Zitzen, weil das Kalb die natuerlich nicht abtrocknet, wenn es getrunken hat. Brontë hat eine Haut wie Leder, was ihr sehr gut durch den Winter hilft. Einer meiner kleinen Finger hat auch etwas gelitten, die Haut an der Spitze fuehlt sich sehr merkwuerdig an, aber es ist schon wieder viel besser.

Die Kaelte scheint jetzt wirklich vorbei, und es reicht mir auch. Als es wieder waermer wurde, ging es wie ein grosses Aufatmen durch alle Hofbewohner, wir entspannten uns und ich bastelte weiter an meinem Imperium (siehe oben).

Der Weg in die inzwischen luxurioese Situation war eigentlich gar nicht mehr so schwierig. Ich habe mir aus drei Klempnerangeboten das rausgesucht, was mir das beste schien, leider war es nicht das billigste, aber ich glaube, ich habe eine gute Wahl getroffen. Es ist fuer die Handwerker manchmal gar nicht so einfach, bei uns zu arbeiten – alles ist so gar nicht wie in „normalen“ Haeusern. Ich finde es aber interessant, mich mit ihnen zu unterhalten, und sie sind typischerweise sehr neugierig und fragen ganz oft, wie wir zu diesem Lebensstil gekommen sind. So kamen also vor etwa 14 Tagen der Chef selbst und ein Geselle mit so allerhand Technik angereist. Es wurde gebohrt und gesaegt und gebastelt, Rohre und Schlaeuche verlegt – leider wird hier nicht mehr das attraktive Kupferrohr verlegt, sondern ueberwiegend Kunststoff. Aber mein Wunsch nach fliessendem Wasser und etwas mehr Annehmlichkeiten hat mich sehr tolerant diesen Dingen gegenueber gemacht. Als sie einigermassen fertig waren, sah es so aus.

Zwischendurch kam noch puenktlich der Propantank. Und kurz vorher ebenfalls die eingeblasene Isolierung ins Dach. Ein Raedchen griff ins andere, es haette besser nicht laufen koennen.

Der Klempner-Chef riet mir, zackig die Spuelmaschine zu kaufen, die ich mir wuenschte, und das liess ich mir nicht zweimal sagen. Letzten Freitag dueste ich nach laengerer Zeit also mal wieder in die groessere Stadt und ergatterte eine Bosch-Spuelmaschine. Miele konnte ich mir leider nicht leisten. Und ich fuhr kurzerhand allein zu IKEA, um mir einen Eckschrank zu kaufen. Das macht allerdings mit Maske wenig Spass, kann ich euch sagen. Und ich bin auch gar keine Menschen mehr gewohnt, das war mir alles ein bisschen viel. Aber der Golfi lief wie ein Doeppchen, und das Fahren macht mir Spass.

Auf dem Heimweg kam der Anruf von Klempner Rob: Wir sind soweit fertig, die Heizung laeuft und sollte auch noch eine Zeitlang durchlaufen, um die Bodenplatte aufzutauen. Als ich nach Hause kam, bin ich gleich in den Anbau, der zu dem Zeitpunkt noch nur von aussen zugaenglich war. Der Fussboden war ganz leicht warm! Das Thermostat auf 20 Grad gestellt.

Am naechsten Morgen konnte ich es kaum erwarten und ging schon um 7 wieder rueber – warmer Boden, viel zu warm fuer meinen Geschmack. Thermostat runtergedreht, Gatten angeheuert, um eines der urspruenglichen Fenster nach draussen auszubauen. Und seitdem ist es wunderbar, muckelig warm, aber kontrollierbar, und ich sitze morgens hier mit meinem Tee und gucke mir den Sonnenaufgang an. Luxus!

Anfang dieser Woche kamen die Klempner wieder und verlegten die Wasserleitungen. Das war extrem spannend, weil eine Ansaugpumpe in der Zisterne angeschlossen werden musste, und Gereon und der Betonmensch haben ziemlich kaempfen muessen, bis das erforderliche Rohr verlegt war. Und dann kam der aufregende Moment, wo die Pumpe eingeschaltet und nach und nach alle Ventile aufgemacht wurden. Ich sag’s euch, es ist wie wenn ein Schiff zu Wasser gelassen wird, nur irgendwie umgekehrt. Auch der junge Klempner sagte, dass das immer der spannendste Moment ist. Aber es klappte, nirgendwo sprotzelte Wasser durch die Gegend, meine fast 10 Jahre alte IKEA-Armatur in der Kueche funktionierte tatsaechlich, die Spuelmaschine wurde angeschlossen und lief ebenfalls. Ihr koennt euch nicht vorstellen, wie sehr ich mich gefreut habe! Nach guten 14 Jahren ohne fliessendes Wasser ist es ein unglaubliches Gefuehl, wenn „ploetzlich“ ein Wasserhahn da ist und auch funktioniert.

Noch in der Fertigstellung… inzwischen mit Wasserhahn…

Gestern habe ich dann mit grosser Begeisterung drei Maschinen Waesche gewaschen, mit meiner Mini-Maschine, die aber jetzt auch einen Zulauf und Abfluss hat. Natuerlich ist mir prompt der Ablaufschlauch losgegangen – ich war dreimal froh, dass ich da einen Betonboden mit Abfluss und Heizung habe – es war im Rutsch wieder trocken. Dann wollte ich noch eine experimentelle Ladung Geschirr spuelen – und die Maschine lief nicht an! Ach du dickes Ei! Ich wollte nur weinen… Klempner angetextet – keine Ahnung, was das sein koennte. Haendler angerufen – das hatten sie noch nie… Verdacht auf Verstopfung in der Heisswasserleitung, Klempner kuendigte sich fuer heute morgen an. Heute morgen dann auch kein kaltes Wasser in der Kueche mehr. Und da ging mir ein eiskaltes Licht auf: Es war minus 20 in der Nacht, und wir haben ein Loch im Fussboden fuer den Abfluss, das schlecht isoliert ist. Die Leitungen laufen ueber eben diesen Fussboden und waren schlicht und einfach eingefroren. Also kam der kleine Heizluefter zum Einsatz, und nach 15 Minuten war alles wieder gut. Klempner abbestellt, Geraetehaendler beruhigt, Spuelmaschine angeworfen, Toepfe von Hand gespuelt. Alles gut! Der einzige Nachteil, den ich bis jetzt bemerke: Ich schaffe nur noch eine Folge meiner jeweiligen Spuelfilm-Serie beim Handspuelen – ein bisschen schade. Aber damit kann ich leben. Immerhin habe ich jetzt Zeit, Blog-Beitraege zu schreiben. Ist ja auch was.

Dusche hab ich immer noch keine. Ich warte jetzt auf ein Angebot vom Fliesenleger, Armaturen sind schon bestellt. Und dann aber! Obwohl: Im Moment bin ich so derartig begeistert von den Fortschritten, dass mir die Dusche wirklich nicht fehlt.

Jetzt raeume ich mal meine Spuelmaschine aus – grosser Spass!

Den lass ich aber jetzt lieber nicht rein…

Naechste Folge hoffentlich bald…

Fruehling am Milchsee

(Aus der Reihe: Die letzten grossen Abenteuer)

Also erstmal ging es weiter mit Schnee. Weil sich hier in der Isolierung ein Tag an den anderen reiht, ohne dass sie sich deutlich voneinander unterscheiden, weiss ich gar nicht mehr, bis wann alles weiss war, aber: lange. Zeit fuer Spaziergaenge mit dem Hundchen. Und dann taute es, mit relativ wenig Matsche, nur sehr viel und schnellem Wasser.

Und dann versuchte ich, uns alle auf die Geburt (ausgerechnet fuer den 12.5.) von Brontës Kalb vorzubereiten, also Menschen, Baulichkeiten und die Kuh selbst. Die Kuh fand das doof, sie wollte partout nicht in den Melkstand und auch mich nicht naeher als geschaetzte 5 Meter an sich heranlassen. Beste Voraussetzungen fuer ein angenehm-persoenliches Melkverhaeltnis…

Als der Schnee ueberwiegend verschwunden war, wurde die Kuh lahm, lag viel rum, frass schlecht, und am ersten Mai machte sie mir wirklich Sorgen, so dass ich mit dem Herrn Hoe. mal naeher ran musste. Als sie aufstand, war klar: Die Geburt hatte begonnen. Prima. Nix wirklich fertig, Training gleich Null. Das Kalb, zum Glueck ein Einzelkind diesmal, kam, als wir einen Moment nicht hinguckten, und fiel gleich in eine der noch zahlreichen Pfuetzen. Der Herr Hoe., deutlich mutiger als ich, hatte allerhand Arbeit, es immer wieder aus diesen Pfuetzen zu zerren, in die es bei seinen Aufstehversuchen unweigerlich fiel. Es galt ja, dabei der Kuh auszuweichen, die ein wenig nervoes wirkte… Aber schliesslich waren die beiden im trockenen Schuppen, auf einer dicken Lage Heu, und das Kind sah einigermassen trocken aus. Wir gingen ins Bett. Am naechsten Morgen dauerte es nicht lange, bis uns auffiel, dass die Kuh nicht in Ordnung war. Zwar hatte das Kalb offensichtlich Kolostrum bekommen, aber die Kuh lag wieder rum. Und als sie schliesslich aufstand, war sie zitterig. Ich lese ja immer schlaue Buecher und so hatte ich eine Ahnung, dass es sich um das beruechtigte Milchfieber handelte. Also Tieraerztin angerufen, der die Schwere der Situation auch gleich klar war. Sie kam mit ihrem Mann, einem echten Cowboy, und ich war heilfroh, dass der mit dabei war. Er konnte naemlich sein Lasso bedienen, und so wurde die Kuh sozusagen an ihren angebauten Abschlepphaken (manchmal sind sie praktisch, diese Hoerner) zu einem Pfosten gezerrt, an dem sie einigermassen sicher befestigt werden konnte. Dort musste sie dann die bestimmt unangenehme Prozedur einer intravenoesen Kalziumgabe ueber sich ergehen lassen – nach der Devise: Nuetzt ja nix! Milchfieber hat nichts mit Fieber zu tun, im Gegenteil: eines der Anzeichen sind fallende Koerpertemperatur und kalte Ohren. Es handelt sich um einen ploetzlichen Abfall des Kalziumspiegels im Koerper, verursacht durch die ebenso ploetzlich einsetzende massive Milchproduktion, der zu Muskellaehmungen bis hin zur toedlichen Herzlaehmung fuehren kann, und zwar zackig. Laut Tieraerztin war die Kuh schon ein Stueck weit im Lala-Land, sie wirkte weggetreten, und Gereon konnte ihr noch am naechsten Tag die Ohren anfassen – normalerweise ein totales Unding! Das alles machte sie uns natuerlich nicht wirklich freundlicher gesonnen.

Da stand sie noch…

Wir hatten also: ein gehoerntes Bullenkalb, was wir uns nicht wirklich gewuenscht hatten, eine kranke und unkooperative Kuh, immer noch Pfuetzen, kein richtiges Dach ueberm Melkstand, aber die unbedingte Pflicht zu melken, dabei nicht zuviel, aber auch nicht zuwenig, um einerseits nicht die Milchproduktion noch weiter anzuregen, andererseits aber eine Euterentzuendung zu verhindern. Koennt ihr euch vorstellen, wie ich schon wieder unueberwindbare Berge vor mir sah? Da aber strahlt dann der Herr Hoe. wie Persil am Himmel. Nerven wie Drahtseile, Toleranz gegenueber Schwierigkeiten ohne Ende, eigentlich ein Faible fuer die Kuh, und trotz viel Arbeit in der Firma eine erstaunliche zeitliche Flexibilitaet. Meine wiederholten und in den Momenten durchaus ernstgemeinten Rufe nach dem Gewehr und sofortiger Exekution von Kuh und Kalb (ich war ehrlich fertig mit den Nerven, so richtig) ignorierte er in der bewaehrten Art einfach, nur einmal sagte er: Lass es uns noch ein paar Mal versuchen…

Und jetzt:

Mutter und Kind wohlauf. Mutter (fast) kooperativ. Und das beste Problem: 10-15 Liter Milch am Tag, und zwar MIT SAHNE! Letztes Jahr, ich hatte das glaube ich erwaehnt, beinhaltete meine Milchquote nur die Benutzung des halben Euters, ich bekam Magermilch und praktisch keine Sahne. Und nur so drei, vier Liter Milch ueberhaupt. Jetzt ist irgendwas anders, warum genau, weiss ich nicht. Jedenfalls schwimmen wir in Milch. Letztes Jahr reichten noch zwei, drei Einkochglaeser mit knapp 1.5 Litern Inhalt fuer das Morgenmelken aus. Inwischen bin ich zu Gallon-Jars, also Glaesern mit 4 Litern Inhalt gewechselt, und davon brauche ich morgens so etwa zweieinhalb, abends nochmal eines. Jeden Tag gibt es frischen Kefir, Sahne, leckerste Vollstmilch in Tee und Kaffee und natuerlich jetzt alle moeglichen anderen Milchprodukte: Joghurt, Quark und Frischkaese, dann sind Feta und Camembert in der Reife, Mozzaballs (na ja, da muss ich noch ueben), und Butter, natuerlich gibt es Butter. Und trotzdem hab ich jede Menge Milch uebrig, so dass auch die Huehner und das Schwein was abbekommen. Der geschaetzte Preis einer Tasse Kaffee mit ordentlich Milch drin sinkt taeglich, ich vermute, angefangen haben wir mit etwa $50 pro Schuss Milch, aber jetzt sind es bestimmt nur noch so $47,90 vielleicht…

Es wird also nie langweilig, wie auch? Im Garten war ich noch fast gar nicht, und im Moment regnet es, da hab ich eine prima Ausrede. Und auch sonst kriege ich wenig getan, ausser meiner Milchwirtschaft. Aber bald, so denke ich, kann ich auf einmal taeglich Melken umsteigen, und dann duerfte es etwas ueberschaubarer werden.

Es bleibt kaum Zeit, um ueber Corona-Probleme nachzudenken, und das fehlt mir kaum. Ganz vielleicht machen wir den Markt wieder auf im Juni, aber das steht noch in den Sternen.

Bei einem ersten schneefreien Spaziergang sahen wir die Anzeichen, dass unsere Mitbewohner ebenfalls alle wieder unterwegs sind.

Dieses Baerentier hatte sich bis ueber den Saegeplatz naeher an den Eselzaun gewagt, aber dann ist es wohl wieder abgebogen. Besser ist das.

Ich wuensche allerseits einen schoenen Fruehsommer, und jede Menge Regen, wo er noetig ist. Ich braeuchte jetzt erstmal keinen mehr, danke sehr.

Bleibt alles anders

So sang vor Jahren schon Herr Groenemeyer, und das denke ich zur Zeit auch haeufig. Schon wieder mehr als zwei Monate, seit ich zuletzt geschrieben habe, aber passiert ist in diesen Monaten genug fuer ein ganzes Jahr, so fuehlt es sich an. Nur draussen, draussen sieht es immer noch so aus wie vor zwei Monaten. Die Sonne scheint, der Schnee glitzert, die Tiere wollen jeden Tag essen und fordern eine gleichbleibende Routine. Das hat etwas sehr Gutes in diesen Zeiten, wo sich alles irrwitzig schnell zu aendern scheint.

An den Februar erinnere ich mich schon kaum noch. Schnee, Brot, Wanderungen in den Wald – das Uebliche. Alma half mir, Feuerholz zum Haus zu ziehen, ich hielt die diversen Oefen am Laufen. Mittendrin ein sehr erschreckender Kaminbrand, den wir und das Haus aber ohne sichtbare Schaeden ueberstanden haben. Ein schoenes Wochenende mit den Young Agrarians, einer Organisation junger und nicht so junger, bereits aktiver oder Moechtegern-Landwirte. Ende Februar kam dann die Nachbarin und brachte einen Rundballen, nachdem sie mir drei (DREI!) auf den roten Rudolf geladen hatte. Rudolf, der kann was! Schliesslich wuerde ich am 1. Maerz nach Deutschland fliegen, und die Tiere sollten gut versorgt sein. Wir haben festgestellt, dass diese Heulieferungen unter uns Frauen mehr Spass machen als mit Maennern (nein, ich will hier niemanden diskriminieren, aber es war tatsaechlich irgendwie einfacher, praktischer und lustiger, das letztere sowieso!)

Dann bestieg ich mit zwei halbvollen Koffern erst den kleinen und dann den grossen Flieger, trotz Unkenrufen, ob ich denn wohl trotz Corona aus Deutschland wieder rauskommen wuerde. Ich war optimistisch, vielleicht auch ein bisschen naiv. Doch schliesslich gab es in Deutschland den Nachlass meiner Mutter zu regeln, und dafuer wollte ich mir den ganzen Monat Zeit nehmen.

In Deutschland wurde ich von regnerischem Wetter empfangen, es war ueberwiegend grau, was meiner Motivation so gar nicht half. Aber es gab auch schoene Zeit mit meinen Maedels, nette Abende mit Freunden und schliesslich dann schoenes Wetter, Gaenge mit den Hunden, und noch ein bisschen Sitzen an der Datscha, die ich mit sehr schwerem Herzen jetzt aufgebe. Ueberhaupt war dieser Aufenthalt gepraegt von einem Gefuehl von Aufgeben, Gehenlassen, Loslassen. Wichtige Uebungen, die jetzt wohl dran waren.

Und ueber allem schwebte die sich rapide entwickelnde Coronavirus-Situation. Aus Kanada kamen Fragen, ob ich denn nicht nach Hause kommen wolle, ob das denn alles so klug sei, etc. Ich blieb immer noch recht entspannt. Aber dann rief tatsaechlich der Herr Hoe. persoenlich an – ein seltenes Ereignis. Ob ich schon umgebucht habe? – Nein, warum? – Solltest du aber besser… – Tat ich dann auch, verkuerzte meinen Aufenthalt um 10 Tage, und es sieht so aus, als ob ich einen der letzten Air Canada Fluege nach Calgary erwischt habe.

Frankfurt war gespenstisch leer, mein Flug scheinbar laengst nicht ausgebucht. Calgary sah etwas belebter aus, aber der letzte Flug nach Grande Prairie hatte – bei moeglichen knapp 100 Passagieren – nur 18 Reisende an Bord.

Zu Hause bin ich jetzt in – inzwischen gesetzlich verpflichtender – haeuslicher Isolierung. Das ist nun natuerlich so gar nicht schwierig. Abgeholt wurde ich von Gereon und Freundin Katrin mit zwei Autos und chauffierte mich dann allein nach Hause, mit den beiden im nachfolgenden Auto. So wurde es moeglich, dass Gereon dennoch arbeiten gehen kann, weil er sich in seiner Werkstatt einschliessen und keinen sehen darf. Sogar Einkaeufe fuer uns uebernimmt seine Firma jetzt und stellt ihm alles vor die Werkstatttuer. Kommunikation erfolgt nur per Telefon

Eingekauft hatte aber auch Katrin schon fuer uns, nach meiner durchgetexteten Liste. Weil wir so leben, wie wir schon lange leben, sind 14 Tage ohne weiteres Einkaufen so gar kein Problem. Doch wie ich hoere, gibt es auch hier Hamsterkaeufe. Was fuer ein merkwuerdiges Verhalten! In Alberta sind relativ wenige Faelle, doch die Zahlen steigen natuerlich auch hier. Es wurden jedoch schon sehr frueh recht strikte Massnahmen ergriffen, und aufgrund unserer grossen raeumlichen Distanz hier auf dem Lande hoffe ich, dass in den Zentren genuegend Immunitaet entsteht und das Virus sich totlaeuft, bevor es bis zu uns durchdringen kann.

Es hat noch mehr Schnee gegeben, doch die Temperaturen sind bis auf einen kleinen Ausreisser einstellig nach oben und nach unten. Morgens beginne ich den Tag mit dem NDR-Podcast mit Prof. Drosten, dann lese ich die neuen Berichte des Robert-Koch-Instituts. Nachmittags gibt’s den Video-Bericht der Chef-Medizinerin der Provinz, zu dem sich hin und wieder auch der Ministerpraesident gesellt. Nachrichten liest nach wie vor nur der Herr Hoe., ich traue denen eher nicht. Und dazwischen sind meine Tage wie immer. Bleibt eben alles anders. Im Moment bin ich recht gelassen.

Euch, liebe Leser, wuensche ich gute Nerven und klare Koepfe. Passt gut auf euch und eure Nachbarn auf.

Alles ist relativ

Ich bin relativ faul. Das liegt aber daran, dass ich die ELEKTRIKER IM HAUS habe. Es ist fast nicht zu glauben, aber in sehr absehbarer Zeit, etwa einer Woche, werden die vielen verworrenen Verlaengerungskabel aus meinem Leben verschwunden sein, es wird Lichtschalter geben und Steckdosen. Alles im Industrielook, also auf „Putz“ und in Stahl, aber das ist mir nur recht. Alles ist gut sichtbar und tut nicht so, als ob es etwas anderes waere.

Weil das Haus klein ist und total voller Kram – wer haette das gedacht? – bin ich hauptsaechlich damit beschaeftigt, den beiden jungen Maennern, Chuck und Cole, aus dem Weg zu gehen bzw. fuer sie Schneisen zu schlagen, Betten zu ruecken, Krempel von A nach B zu schubsen, damit sie ihre Arbeit tun koennen.

Fabrik-Stil oder so aehnlich. Schalter in der Entstehung.

Und wenn ich schon sonst nix Sinnvolles tun kann ausser natuerlich die Tiere zu versorgen, erzaehl ich euch noch mal vom Winter. Der ist naemlich gerade so wirklich voll zugange. Der Wetterbericht hatte schon letztes Wochenende mit sehr niedrigen Temperaturen gedroht, und diesmal lagen die Wetterfroesche richtig. Gestern morgen hatten wir uns bis auf -40 heruntergearbeitet. Das war dann natuerlich auch der Moment, wo der Generator in die Knie ging. Und die Elektriker kommen wollten. Der Chef war nicht amuesiert, fand, ich haette ihnen absagen muessen. Ich habe sie naemlich, getreu meinem Motto fuer dieses Jahr „Selbst ist die Frau – jetzt erst recht!“, eigenmaechtig bestellt.

Also, Generator tot, demnach Auto nicht startbar, demnach Chef nicht zur Arbeit, demnach vier Menschen im Haus, aber praktisch kein Strom – das ist eine interessante Situation. Natuerlich haben Handwerker heutzutage alle Akkuschrauber, Akkubohrer, Akku-Alles. Und Kopflampen. Also kein Problem fuer die Jungs. Und natuerlich fingen sie IM Haus an und nicht mit den Zuleitungen von draussen. Als dann die Sonne kam und wunderbar lud, trotz minus 36 oder so, gab sie uns freundlicherweise genuegend Strom, dass der Chef sein Auto vorwaermen und dann abduesen konnte. Zum Glueck hatte der Generator, wie sich herausstellte, nur einen kleinen Schluckauf und laeuft jetzt wieder. In solchen Situationen waechst wieder meine Bewunderung fuer die Menschen, die in diesem kalten Winterland ohne all unsere als selbstverstaendlich hingenommenen Annehmlichkeiten gelebt haben. Da muss man sich schon wirklich was einfallen lassen.

Unsere Tiere kommen mit dem Wetter erstaunlich gut klar. Alle haben permanent Schnee auf dem Ruecken, was uns sagt, dass sie wenig Waerme abgeben – und das ist gut so. Schnee isoliert auch. Einen betraechtlichen Teil meines Tages verbringe ich damit, fuer alle aus Schnee Wasser zu produzieren, vorzugsweise handwarm. Von der Kuh kriege ich immer aergerliches Kopfschuetteln, wenn die Temperatur nicht korrekt ist, die Esel und Lamas sind nicht pingelig und trinken alles, Hauptsache fluessig. Letztere fressen auch Schnee, aber ich denke mir, dass es viel zusaetzliche Energie kostet, auch noch Schnee im Magen zu schmelzen, also goenne ich ihnen diesen kleinen Luxus.

Und heute, nach den -40 von gestern, die auch noch von einem kleinen Windchen begleitet waren, kamen uns die -32 am Morgen relativ warm vor. Das zum Thema Relativitaet. Im Moment ist es -25, die Kuh liegt draussen am Heuballen, und alles ist – relativ – entspannt.

Die Kuh hat jetzt ganz frei. Martina das Kalb wanderte kurz vor Weihnachten Richtung Truhe, und ich fing an, die Kuh wieder zu melken. Der Anfang war schrecklich, sie wollte sich an nichts Gutes erinnern, sondern nur wieder Krawall machen. Aber ich war ja vorgewarnt, und so hielt ich durch, und nach zwei, drei Tagen bekam ich endlich die lang ersehnte richtige, echte Milch mit Sahne. Was fuer ein Spass und Genuss, waere da nicht der Wetterbericht mit seinen Drohungen gewesen.

Die Fotos habe ich schon bei -22 gemacht, und ich habe auch noch bis -30 gemolken, aber dann wurde die Kuh wieder grantelig, meine Finger, vor allem die kleinen, immer kaelter, die Milch fing mir im Eimer an zu frieren – und dann war auch gut. Es gibt Grenzen. Ich muss nicht mehr alles versuchen. Und in der kurzen Melkzeit hatte ich immer genuegend Milch, um noch einige Liter fuer uns einfrieren zu koennen. Die werden wir jetzt noch zu schaetzen wissen, und dann muessen wir bis Mai wieder anderweitig einkaufen, das geht auch. Und die Kuh nimmt in der Zeit hoffentlich ein kleines bisschen zu. Sie ist immer noch klapperig, aber mehr Futter brachte nur mehr Milch, wie das eine gute Milchkuh so regelt.

Die Tage sind jetzt schon spuerbar laenger, und wenn die Sonne scheint, ist Winter – auch mit Kaelte – immer noch mein liebstes.

Jetzt geh ich mal wieder Holz nachfuellen, drei Oefen, zwei im Haus, einer im Hof, wollen gefuettert werden.

Ach, und weil das Oberbergische jetzt ja „Wolfserwartungsland“ ist, kriegen die oberbergischen unter meinen potentiellen Lesern hier schon mal ein Bildchen, damit sie wissen, worauf sie achten muessen. Das war unser Weihnachtswolf, liess sich Heiligabend ablichten.

Weihnachts-Wolf

Monochromer Montag

Wir nähern uns dem kürzesten Tag des Jahres, und alles ist langsam, so scheint es. Vor allem ich. Winterschlaf ist Wirklichkeit, ich freue mich über lange Nächte, frühe und späte Dunkelheit, noch mehr Stille und sogar über die fast verschwundenen Farben draußen. Als ich eben, zwischen halb fünf und fünf, meine Tiere versorgte, gab es fast nur noch kleine Flecken von Primärfarben in all den vielen Abstufungen zwischen Weiß und Grau. Sogar der Hund passt da hinein. Der Himmel im Nordwesten ist und bleibt mein liebster.

Einerseits: Winterschlaf…

Wie es scheint, ist der Winter jetzt wirklich da. Heute Morgen zeigte das Thermometer -21 Grad, und schon gestern Abend hatte ich den zweiten kleinen Ofen angefeuert. Ein Blick aus dem Fenster aber zeigt mir mein Lieblingswetter, ihr wisst schon: Blitzeblauer Himmel, strahlender Sonnenschein, glitzernder Schnee. (Haha, das war noch im November, dann kam mal wieder was dazwischen, inzwischen ist Dezember und heute ist es grau, aber kein Problem.) Warmes Fruehstueck gibt es trotzdem, Haferschrot mit Wasser, Milch und eingemachten Birnen und Pflaumen. „Ausnahmsweise“ mal ein bisschen angesetzt unten im Topf…

Doch erstmal zurueck zum Oktober.

Kurz nachdem ich den kleinen Hund unter dem Weißdorn beerdigt hatte, drohte sich der Winter schon wieder an, und zum Glück schaffte Schreiner Jeremy es noch früh genug, die porch, den Vorflur oder wie ich das nennen soll, einzukasteln.

Sogar ein Katzenklaeppchen gibt es, wie ihr seht. Ist aber etwas schwergaengig, und unsere verwoehnten Katzen erwarten ueberwiegend dass jemand (ich natuerlich) es bitte sehr gefaelligst fuer sie oeffnet. Wenn sie denn ueberhaupt ins Wetter wollen, meistens bleiben sie jetzt einfach im Haus und lassen sich bedienen.

Ein bisschen winter-weihnachtliche Stimmung kann ich mir nicht verkneifen.

Noch im Oktober fuhr ich zu einem lange ersehnten Kaesekurs in die Gegend von Edmonton. Was fuer ein Erlebnis! David Asher ist ein rebellischer Kaese-Macher, der aufgrund seiner Erfahrungen der Ansicht ist, dass Milch sowieso Kaese werden will (naemlich im Magen des Kalbes) und dass sie demnach alles, was zur Kaeseherstellung erforderlich ist, schon mehr oder weniger in sich hat. Also braucht niemand industriell (und teilweise fragwuerdig) hergestellte Kaesekulturen, etwas, was mich bei meinen bisherigen Versuchen auch schon immer gegraetzt hatte. Man laesst die Milch natuerlich saeuern, und los geht es. Braucht man nur noch Lab, das sinnvollerweise von einem Kaelber- oder Zickleinmagen gewonnen wird (da wird es dann fuer die Laktovegetarier schwierig, aber lasst euch gesagt sein: Mikrolab oder wie es heisst ist auch nicht ohne). Es war eine spannende, hirn-beanspruchende und sehr leckere Woche, die ich – als Tuepfelchen auf dem i – auf dem Hof verbringen durfte, der die Milch lieferte. Ich hatte Gelegenheit, Ziegen und Kuehe zu melken, auch nach Kursende noch mit David zu reden und ueberhaupt spannende Menschen und Konzepte kennenzulernen. Obwohl ich so eigenbroetlerisch geworden bin, tut sowas einmal, vielleicht sogar zweimal im Jahr richtig gut.

Hier zuhause klappt nix davon – zu meinem Graus. Der wunderbare Kefir, von dem ich ein Stueckchen mit nach Hause nehmen durfte, ist mir nach kleiner Ueberhitzung *huestel* verstorben, und schon vorher schmeckte alles, was er produzierte, wie Milchwein, alkoholisch. Und der Joghurt ist auch hinne – sehr tragisch. So bleibt mir also im Moment nur der Blick auf meine schoene Kuh, die leider zu duenn zum Melken ist, die mir aber hoffentlich ab naechsten Mai einen Neustart ermoeglicht.

Kaum war November, kam auch schon deutscher Besuch, die beiden Forstleute Luise und Ruediger, die 14 Tage bei uns blieben. Dafuer hatte ich unter Druck den Schuhkarton, das Gaestezimmer, einigermassen bewohnbar gemacht, aber es gab Tuecken und Ausfaelle, so war z.B. der Schornsteinausgang nicht dicht, und es kam Wasser durchs Dach herein. Ganz davon abgesehen, wurde es ausserdem noch richtig kalt – aber die beiden waren tapfer und hart im Nehmen, mein Angebot, doch im Haus zu naechtigen, lehnten sie mutig ab. Nach Abdichtung des Schornsteins aber, Einbau eines besseren Suedfensters (das usselige verberge ich geschickt hinterm Vorhang…) und Verbesserung der Tueren steht das Zimmer (mit eigenem „Bad“) dann im Fruehjahr mutigen Gaesten zur Verfuegung.

Es gab viel Waldarbeit, inklusive erfolgreicher Hirschjagd, ein Schwein wurde geschlachtet, vorher schon einige unserer vielen Puten, und jetzt sind die Truhen voll mit Wurst, Schinken, Gulasch, Braten und Hackfleisch. Nur unsere Kartoffelbestaende neigen sich schon fast ihrem Ende zu. Sehr schade.

Im Wald macht der Elch Yoga.

Zwar ist die Arbeit ums Haus deutlich reduziert, aber fuer das, was getan werden muss, gibt es viel weniger Zeit. Die Sonne geht erst um 9 auf und ist um halb fuenf schon wieder weg, und das wird ja noch ein bisschen weniger. Fuer meinen Schlaf ist das ungemein foerderlich, und ich verstehe all die Tiere, die Winterschlaf oder Halb-Winterschlaf halten. Es ist die Zeit, in der ich mehr lese, kostenlos meinen Plaenen und Projekten nachhaenge, viel mehr stricke und einfach im ganzen entspannter lebe. Weil ich sowieso ueberwiegend nur planen, nichts ausfuehren kann, kommt auch kein Frust auf, wenn mal wieder was nicht passiert. Im Winter passiert einfach grundsaetzlich nicht viel, und das ist gut so! Ausser vielleicht, ganz vielleicht… koennte ich mal meine Speisekammer zum x-ten Mal umbauen… oder oben eine Sitzecke basteln… oder den Schuhkarton weiter vervollstaendigen… mehr stricken… spinnen… filzen…

Oh, und jetzt fallen draussen Floeckchen – vielleicht tu ich auch einfach ueberhaupt nix und gucke mir das Wetter von drinnen an. Eine schoene Vorweihnachtszeit wuensche ich!

Update und Nachruf – oh je!

Eben plauschte ich lange und nett mit Frau Claudi, die mich daran erinnerte, dass ich schon wieder so lange nichts geschrieben hatte. Wie recht sie hat – ueber einen Monat ist es her, dass ich von den erhofften Fortschritten berichtete. Dann aber ging die Herbst-Hektik los, mit mehr „Wetter“ und vielen Dingen, die erledigt, gerettet, versorgt werden wollten. Auch gab es im September noch drei Maerkte, aber jetzt ist an der Markt-Front ein bisschen Ruhe eingekehrt. Es koennte eine vor dem Sturm sein, aber das stellt sich vielleicht naechste Woche heraus.

Ich berichtete ja im August von den elektrischen Entwicklungen und der Hoffnung auf weniger Verlaengerungskabel-Jonglage. Letztere hat sich (noch) nicht erfuellt, aber die Elektrik als solche macht mich fast taeglich sehr froh.

Nachdem naemlich mit Hilfe der freundlichen „Nachbarn“ die zusaetzlichen Panels auf dem Dach montiert waren und dann der Herr Hoe. ratzi-fatzi einen Leitung zum Haus (ueber die ueberaus provisorische Ausfuehrung schweigen wir mal wieder) gelegt hatte, gab es ploetzlich ungeahnte Mengen Strom – mir wurde am ersten Tag fast bange. Dann aber hatten sich die Batterien, der Inverter, die Anzeige im Haus und ueberhaupt alle Elemente an die veraenderte Lage gewoehnt, und ich wollte schon morgens den Staubsauger anwerfen, einfach nur so, weil ich naemlich gekonnt haette! Wenn sonst so gegen 11 Uhr die Anzeige auf Ladung umschaltete, tat sie das in den ersten Tagen (wir erinnern uns: VOR der Herbst-Tag- und Nachtgleiche) bereits VOR 8 Uhr morgens. Das hat es noch nie gegeben. Inzwischen sind die Tage schon wieder erheblich kuerzer, aber dennoch kommt bei Sonnenschein total viel Strom bei uns an, und es macht richtig Spass. Der Generator, dieses laermige Ding, ist auch umgezogen, so dass mein Haus gar nicht mehr vibrieren muss. Rundum wunderbar! Und deswegen kann ich ueber die kleinen nach wie vor existierenden Unannehmlichkeiten (Mehlmahlen im Honeyhouse, immer noch keine „ordentlichen“ Steckdosen) problemlos hinwegsehen.

Der naechste Fortschritt wurde von Thomas dem Carpenter gebracht.

Tee auf dem Ostbalkon!

Auch hier ist noch nicht alles getan, die Moskitogitter fehlen noch, aber inzwischen fehlen auch die Moskitos, und das ist sehr schoen.

Der Schuhkarton sieht auch schon ganz anders aus.

Jetzt warten wir auf das bestellte Fenster, und dann werden sich Gereon und der neu gefundene Schreiner/Zimmermann an das Basteln von Tueren geben. Wir moechten naemlich immer noch keine kanadischen Tuerbeschlaege, und so habe ich den Lieblingsnachbarn in Deutschland einmal mehr um Unterstuetzung gebeten. Und wenn das dann alles geregelt ist, haben wir wieder Platz fuer Besuch! Ach, und einen Ofen habe ich auch schon bekommen, ungefaehr so:

Kleiner geht’s kaum.

Ja, da steht eine Tasse drauf. Ja, er ist wirklich so winzig. Dieser hier wird allerdings inzwischen hoffentlich Europa bereisen. Meiner ist ein kleines bisschen groesser, damit geschaetzter Besuch nicht froesteln muss.

Na, und dann gab es mehr Herbstdinge. Winteressen vorbereiten, der Hackepeter zieht um in die Truhe. Es wird eingekocht, heute abend noch schnell, liebe Frau Claudi, Zwetschgen/Pflaumen mit Birnen, wie es das bei meiner Oma gab. Vorher jede Menge Tomatensosse, und ohne Bild, weil auch optisch sehr tomatig und aehnlich, Salsa und Relish. Halloween ist auf dem Anmarsch, und direkt danach Weihnachten, jedenfalls bei Costco. Die Baeume kleiden sich golden, die Wolken machen manchmal Drama (mit ungeheurem Regen, wie ich ihn erst einmal, vor Jahrzehnten in Deutschland, beim Autofahren erlebt habe), die Eberesche schmeisst die Blaetter ab, noch eine Henne taucht mit 7 Kueken auf, obwohl es regelmaessig nachts friert. Bis jetzt hat sie noch keines verloren! Leider will irgendwer mal wieder nicht alles so hochladen wie ich moechte. Die Weihnachtsbaeume am 15. September oder so muesst ihr euch also denken. Bekloppt sind sie schon, die Kanader!

Ja, und dann passierte in all der Herbst-Hektik und bei dem schoenen Wetter etwas Schreckliches. Unser heiss und innig geliebter kleiner, wichtiger Hund ging morgens raus, wurde wegen eines Stueckes Fleisch vom grossen Hund attackiert und dabei so schwer verletzt, dass nach eingehender Untersuchung und Einschaetzung durch den Tierarzt wir uns schweren Herzens entschlossen haben, ihn, also eigentlich sie, einschlaefern zu lassen.

Der wichtige Hund: ? – 01/2010 – 1.10.2019

Im Januar 2010 brachte ich sie aus der Tierarztpraxis mit und rettete sie damals vor der letzten Spritze. Nach einem einjaehrigen Intermezzo bei einer Nachbarin kam sie 2011 zu uns zurueck und war seitdem – neben Zora – der beste Hund, den wir je hatten. Nach anfaenglichen kleinen Fehlern, wir erinnern uns an das tote Huhn, vertrug sie sich mit allem und jedem, besonders aber liebte sie Kinder. Sie liess sich allerdings von nichts und niemandem einschuechtern, auch nicht von den beiden grossen Hunden, zuerst Emmi, dann Sixty, mit denen sie zusammenlebte. Zora war ja selbst so ein Seelchen, da wurde nicht gestritten. Und der kleine Hund war innendrin sowieso der groesste und Chefin ueber alles. Es gab immer mal kleinere oder auch beaengstigende Scharmuetzel, immer wegen Essen, und niemals gab sie nach. Am Dienstag aber konnte ich gleich hoeren, dass etwas anders war.

Wie oft hat der kleine Hund mit uns draussen gesessen, bei einem Glas Wein (fuer uns) und mit dem Blick ueber sein Reich. Immer alles im Blick, immer wichtig, nie untergeordnet, immer eigensinnig, immer total loyal. Ein wildes, freies Leben, wie mein Tochterkind sagte.

Jetzt: Herbst

Ich habe das mal so beschlossen. Den Sommer koennen wir sowieso komplett abhaken, deswegen will ich mich jetzt lieber auf einen schoenen Herbst konzentrieren. Die Anfaenge sind da.

Eberesche revisited

Ganz frueher, im Bitzengarten, hatten wir auch eine Eberesche. Und tatsaechlich gedeihen die auch hier ganz gut, und diese im Bild hatte ich mir letzten Herbst gegoennt. Sie war der einzige von mehreren Baeumen, den ich direkt eingepflanzt hatte, und im Fruehjahr lebte sie noch. Dann kam das Lama und beschloss, dass wir eine Saeulenform schoener finden sollten. Ich hatte grosse Sorgen um die Eberesche, aber sie hat sich nichts draus gemacht und ist schoen weitergewachsen. Blauer Himmel, weisse Woelkchen, rote Ebereschenbeeren – das ist doch schon mal ein Anfang.

Es gab einen Bienenschwarm, entzueckende Kueken in ueberschaubaren Zahlen, erste Herbstfermente (Knoblauch-Bluetenstiele, ich weiss gar nicht, wie die auf deutsch heissen, Guerkchen, Blumenkohl, zwei Sorten Sauerkraut, eingekochte Pfirsiche, und mittendrin den ersten und zweiten Frost. Garten zu einem Teil ade, keine Tomaten, keine Bohnen, wenig Erbsen, allerdings Kartoffeln scheinbar in Ordnung, Moehren so la-la, Lauch ziemlich schoen, Zwiebeln sehr schoen, ueber die roten Bete schweigen wir. Kohl – siehe oben – war ok, der Rotkohl steht noch und wird bis jetzt vom Geziefer verschoent. Immerhin.

Zur Zeit aber am aufregendsten: Die Bauprojekte in der unteren Reihe. Links der „Schuhkarton“. Ein hoffentlich in Kuerze Maeuse- und Moskito-sicheres Raeumchen, in dem ich z.B. Einmachglaeser und andere frostsichere Dinge zu lagern gedenke, aber auch Gaeste (ohne Heizung natuerlich nur im Sommer, aber heimlich denke ich schon ueber ein Oefchen nach). Deswegen die Tuer zum Garten und zwei bis drei Fenster. Der Boden wird noch besser, ehrlich! Daneben kriegt die Kuh dann ihr Winterquartier. Aber da gibt es noch Planungsunsicherheiten. Mit denen muss ich sowieso immer leben, weil die meisten Plaene nur beim Herrn Hoe. im Kopf sind, oft weiss ich gar nicht so wirklich, was da abgebildet ist, und noch oefter bekomme ich Revisionen nicht mit. Ich gewoehne mich glaube ich dran. Rechts das, was der Herr Hoe. „Zaehlerkaesten“ nennt. Das sind Relikte aus seinem Deutschsein, die er nicht los wird. Er rechnet auch noch in D-Mark… Zaehlen brauchen wir aber unseren Strom nicht, und so sind es in Echtigkeit natuerlich Sicherungs- und Verteilerkaesten fuer – tadaaa – den Strom, der hoffentlich in sehr absehbarer Zeit vom Honeyhouse zum Wohnhaus kommt und dort in wandmontierten Steckdosen landet. Das waere sooooo schoen, wenn ich nicht mehr mit Verlaengerungskabeln hantieren muesste. Aber bis dahin ist es noch ein bisschen hin. Es kommen naemlich auch noch vier zusaetzliche Photovoltaik-Platten auf das Dach vom Honeyhouse, die uns dann hoffentlich selbst beim nur maessig guten Zustand unserer Batterien deutlich mehr Strom liefern. Die Maenner, also Solar-Sam und Heavy-Duty-Hoe, werkeln draussen rum, und wenn mich meine Antennen nicht taeuschen, ist die Stimmung immer mal ein bisschen angespannt. Ich versuche, ueber den Dingen zu schweben und Kaffee zu liefern, ich hoffe, das hilft.

Und am Montag, also morgen, geht’s weiter mit Thomas the Carpenter. Plaene gehen mir ja nicht aus, das hab ich von meinem Herrn Papa, und so beschloss ich, die Balkone muessen jetzt verkleidet werden. Immer und immer naemlich koetteln mir die Fledermaeuse alles zu, und so gern wie ich die kleinen Flatscher habe, so wenig brauche ich ihre Verdauungsprodukte auf meiner Waesche oder ueberhaupt auf irgendwas ausser der Erde. Also wird nach oben verkleidet und zum Giebel hin wird es Moskitogitter geben, damit ich dann da hoffentlich im Osten meinen Morgentee trinken und im Westen meinen Wochenend-Wein sueffeln kann, ungestoert von Moskitos, Maeusen und anderen Unannehmlichkeiten.

Es kommt mir vor wie der reine Luxus. Wird aber auch wirklich Zeit. Und ueber die Wasserversorgung reden wir mal lieber immer noch nicht… Auch nicht darueber, dass Sam im Sicherungskasten, der seit Jahren im Obergeschoss installiert war, jede Menge Sonnenblumenkerne fand… Wir sehen eigentlich nie eine Maus im Haus, aber irgendwas ist da schiefgegangen mit der Abdichtung.

So, jetzt muss ich mal wieder raus gucken gehen. Das Kabelgewirr im Honeyhouse will ich sicherheitshalber fotografieren und das Foto dann mit einer Legende versehen – da blickt sonst keiner mehr durch, fuerchte ich. Das simple Landleben…

Es regnet – und ich bin schlecht gelaunt, aber sowas von…

Geschrieben gestern, dann haengte sich wordpress auf – auch das passiert an solchen Tagen…

Das Video zeigt die unschoene Realitaet dieser Tage. Es regnet naemlich nicht, es schuettet. Alles steht unter Schlamm. Das macht mir ueberhaupt keinen Spass. Mitten in diesen Schlamm schluepfen sieben Miniatur-Puten. Plus die Huehnerhenne mit ihren verbliebenen drei Kueken. Immer Gefahr laufend, dass eines davon in ein Gefaess mit geraden Waenden stuerzt… Leben bei uns ist lebensgefaehrlich, wenn man noch so klein ist.

Schon bei meinen ganz normalen taeglichen Arbeiten werde ich plitschnass, mehrfach. Und dann gab es ja auch noch den Melkstand ohne Dach, oben im Video zu erkennen. Und der Chef hat nie Zeit oder beginnt Saetze mit „Eigentlich…“ – DAS hilft dann meiner Laune noch viel weniger. Aber nuetzt ja nix – ist die Devise. Und so greife ich in solchen Wettersituationen zu dem anderen Freund der Farmfrau, naemlich dem Sperrholz. Und suche mir alle moeglichen anderen Resthoelzchen zusammen. Das Design geht stark in Richtung „Zero Waste“, also „kein Abfall“, denn ich habe nur eine schlichte Handsaege, sowas Fuchschwanzartiges. Ich wuerde ja gern irgendwann mal lernen, diese Tischkreissaege zu bedienen, die auch so tolle Winkel schneiden kann. Vielleicht im naechsten Leben. Bis dahin geht es auch noch von Hand.

Zuerst also der Melkstand. Voran ging diesem Projekt ein sehr unerquicklicher Morgen mit Plempe und unleidlicher Kuh und ungespueltem Eimer und keinem Dach. Ich musste den Herrn Hoe. anschnauzen, was der gar nicht gut vertraegt, und prompt war der Tag nicht mehr mein Freund. Und der Herr Hoe. voruebergehend auch nicht. Und gemolken hab ich dann nicht. Ich war soooo fratzig! Als die Wogen sich ein bisschen geglaettet hatten, bin ich auf Sperrholzsuche gegangen. Hier das Ergebnis, totaaaal oeko, nicht nur ohne Metall, sondern gaenzlich ohne Befestigungsmittel, allein auf die Schwerkraft vertrauend. So echten Sturm von Norden oder Osten darf es aber jetzt mal nicht geben.

Kuehne Praxis-Architektur, geschickte Ausnutzung der Nebenstrukturen, blah-blah-blah… – funktioniert!

Dann die Putenmutter, die wir zum Glueck zumindest schon in einen steinalten Mini-Perk bugsiert hatten, der aber kein Dach hat. Als es immer mehr schuettete, ging das nicht. Aber es gab noch Sperrholzplatten…

Avantgarde-Puten-Perk

Das ist schon mehr so Avantgarde-Stil- und Material-Mix. Es gibt schlichtes und kesseldruckimpraegniertes Sperrholz, dazu – gegen Rabenangriffe – Plastik-Gartengeflecht, und da, wo die beiden schiefen Gatter sich treffen, sieht man auch den anderen Freund der Farmfrau, naemlich ein Heukoerdelchen. Im Vordergrund uebrigens Aurora, die sich gerade erfolgreich einen neuen Namen erarbeitet hat, naemlich Grusela vom Schnepfensee. Sie ist in einer extrem usseligen Teenager-Phase, immer strubbelig, mit etwas merkwuerdigen Proportionen und ueberhaupt eher unsortiert. Grusela steht ihr gut.

Fuer Tangram-Liebhaber

Und dies ist mein heutiges, sehr ambitioniertes Projekt. In der Theorie tragbar, also mobil, doch in der Praxis ist es mir dann etwas zu schwer geraten fuer die geringe Stabilitaet. Aber es hat zwei Griffe, und so wird der Herr Chef mir helfen. Kuekendraht made in China, das ist vielleicht was Doofes, nur unwesentlich stabiler als Billiggardinen. Aber immerhin neu. Der Rest der Bauelemente ist natuerlich recycled. Gedacht als sichere Aufbewahrung fuer die Putenmutter, deren Kinder naemlich jetzt am laufenden Band sehr abenteuerlustig durch die Gatterritzen schluepfen und dann Ausfluege machen, waehrend ihre Mutter hinter Holzgittern die Krise kriegt. Die Winzlinge wissen natuerlich nicht, dass der Rabe wahrscheinlich bald wieder auf Patrouille sein wird. Leider habe ich noch keinen genauen Plan, wie ich die Familie umziehe… aber das wird sich finden.

Das erste Putenkind uebrigens, das dieses Jahr schluepfte, ging verloren, seitdem steht der Rabe tatsaechlich auf der Abschussliste. Jedoch: vor ein paar Tagen fand ich das tote Mini-Putchen, offensichtlich einem Eselfuss zum Opfer gefallen. Rabe fuer nix verdaechtigt.

So, jetzt scheint ausnahmsweise mal kurz die Sonne, da bring ich der Kuh noch was zu essen, und dann hole ich gleich meine mit Ras el Hanout und Honig gewuerzten Nuesse aus dem Backofen – heute Abend gibt’s Heimkino.

Es regnet – Zeit fuer eine Pause

Es regnet ganz ordentlich – ein Segen fuer die Landwirtschaft, und nicht nur fuer die. Um uns herum brannte und brennt es schon wieder heftig. Das windige, trockene und sonnige Wetter foerdert die Braende natuerlich, und an manchen Tagen war es super-rauchig und sehr unangenehm. Der Garten staubte fast, und die Bauern klagten – eine bedrohliche Trockenheit.

Sonnenaufgang in Rauchwolken

Aber jetzt ist erstmal Regen angesagt, jedenfalls bei uns und jedenfalls fuer etwa eine Woche immer mal wieder. Hugo hat sich gerade noch mal gewaelzt, bevor vielleicht der wichtige Waelzplatz zum Schlammplatz wird. Es ist gerade erst 8 Uhr durch, aber ich habe mir schon eine Pause verdient, finde ich. Kuh ist gemolken. Lilli gefuettert. Steuern sind erledigt (gestern), so gut wie. Markt ist gerade mal ruhig. Honig ist abgefuellt.

Das ist Weidenhonig – ein Schaetzchen-Honig! Etwa 25 Kilo konnten wir ernten, und gestern habe ich ihn – Premiere – in ueberall erhaeltliche Standardeinmachglaeser abgefuellt. Ich wuerde so gern von den scheusslichen Plastikbehaeltern weg kommen, aber ob die Kundschaft das akzeptiert, wissen wir noch nicht. Einmachglaeser koennten ein Weg sein, denn hier auf dem Land werden sie nach wie vor haeufig eingesetzt, sind stabil und irgendwie auch nett.

Aber eigentlich wollte ich noch ein bisschen von der Kuh erzaehlen. Das letzte grosse Projekt in meinem Leben, so war der Plan. Und die Kuh tat erstmal alles, um es auch zu einem grossen Abenteuer zu machen. Okay, der Gatte half auch, in seiner bewaehrten Art und mit seinem ganz eigenen Timing. Der Melkstand naemlich liess auf sich warten, und so ging es mir zwar im Paddock mit der Kuh besser, aber ohne Melkstand keine Annaeherung, ohne Annaeherung kein Melken, ist ja irgendwie logisch. Am 22. April, Ostermontag wohl, kam die Kuh dann zum ersten Mal in den nicht ganz perfekten Stand. Wie man sieht, gab es keine Befestigungsmoeglichkeit fuer Brontë und auch nichts fuer die Futterschale. Aber immerhin liess sie sich anfassen und trat nicht um sich.

Der Melkstand wurde nach und nach verbessert, die Kuh betrat ihn relativ willig und verliess ihn im Rueckwaertsgang, gar kein Problem fuer sie. Aber immer noch gab es keine Befestigung. Und wenn das Futter alle war, legte sie diesen Rueckwaertsgang zackig ein und war weg. Melken waere spannend gewesen. Und ich hatte die Nerven schon wieder etwas blanker. Anfassen beim Fressen jedoch war so gar nicht schwierig, kein Zucken und Treten, das war ihr alles schnurzpiepe, so lange da was Leckeres vorne war.

Einen Monat lang uebten wir, und dann kamen die beiden. Und der Melkstand hatte ein „Headgate“ – wie koennte das auf Deutsch heissen? Und die erste Milch kam ins Glas.

Wie man am Gesichtsausdruck der Kuh erkennen kann, war es aber eher ein Waffenstillstand, mit dem wir arbeiteten. Die Kaelber mischten sich beim Melken ein, die Kuh war unleidlich, der Herr Chef musste jedes Mal helfen, und eines Tages trat sie mit Schwung gegen den Eimer, aus purer Frackigkeit, so schien mir (vom regelmaessigen Pinkeln und Kacken im Melkstand will ich so gut wie schweigen) und ich klatschte ihr zornig gegen das Bein – und sie trat zurueck und traf mich und ich trat zurueck und traf sie – und ich hatte sie noch kaum beruehrt, da trat sie wieder zurueck und traf mich mit Schmackes! Tret-Wettbewerb verloren, also ich. Natuerlich war mir sofort klar, dass ich mich nicht haette hinreissen lassen sollen. Aber was willste machen? Ich neige in solchen Situationen zu spontanen Ausbruechen, die haben noch nie geholfen, das ist mir klar, sie kommen aber vor. Ich wollte die Kuh schon wieder essen, und zwar sofort. Der schoene blau-bunte Fleck kam erst am naechsten Tag so richtig… Was ich jetzt weiss: Kuehe koennen, genau wie ich gelesen hatte, aber fuer uebertrieben hielt, genial gezielt und irre schnell treten, nach hinten, nach vorne UND zur Seite. Eine Reaktionszeit wie ein Jet-Pilot, ehrlich! Bewundernswert, wenn ich nicht das Ziel gewesen waere. Was tun? Die naechsten paar Melkversuche waren unbefriedigend, weil ich immer Angst hatte, die Kuh keinen Spass und auch keinen Druck, denn die Kaelber behielten das Euter einigermassen im Griff. Dann aber hatte ich zweimal Glueck: Zum einen beriet mich Sam, unser Lieferant von allen Tieren, Solaranlagen und guten Ratschlaegen fuer beides. Sam war mal Schweizer, hat praktisch sein ganzes Leben lang gemolken und behandelt seine Tiere sehr ordentlich. Auf den konnte ich also hoeren. Er riet mir, auf jeden Fall die Kaelber ueber Nacht wegzusperren und dann morgens beim Melken es der Kuh so nett wie moeglich zu machen. Alles mit Liebigkeit, sozusagen.

Und dann kam Casci, die Hufschmiedin, die praktischerweise in einem Milchbetrieb arbeitet und eine Herausforderung liebt. Fuer sie parkte ich die Kuh nochmal im Melkstand, und dann zeigte Casci mir, was sie machen wuerde. Seil um’s Hinterbein, mit ein bisschen Spiel nach hinten weg an einem noch einzuschlagenden Pfosten festbinden. Schwuppi-didu – die Kuh steht bequem, aber Treten nach vorne und zur Seite ist praktisch unterbunden! Ich hatte auch davon in Foren gelesen, aber wie das in der Praxis aussah, hatte ich mir nicht vorstellen koennen. Casci „wuchtete“ die Kuh durch die Gegend, schob sie in die richtige Position, fixierte das Hinterbein, und die Kuh liess alles mit sich machen, und wir kraulten sie und fuetterten sie und alles war ruhig und sah einfach aus. Ich war begeistert.

Das Kaelber-Wegsperren ging aehnlich unproblematisch, wer haette das gedacht? Eine Nacht wurde seitens der Kuh ein bisschen gemeckert, aber seitdem fluppt es. Ich kann das alles alleine, und ich habe wieder Spass am grossen Projekt. Was fuer ein Segen!

Was ich aber anmerken muss: Meine heiss geliebten Ziegen wurden ja immer als extra destruktiv bezeichnet, aber ich sag’s euch: Kuehe koennen da auch was. Vor allem natuerlich mit Hoernern. Ich glaube, Hoerner sind Waffen, aber vor allem auch Werkzeuge, und wer die hat, der setzt sie ein, logisch. Und so wird montiert und umgeworfen und generell gern mal was durcheinandergebracht, und sich auch mal dekoriert…

Ich fuer meinen Teil fruehstuecke jetzt mal Brot mit Quark und Honig. Und mach den Ofen an, das hat sowas Gemuetliches… Die Esel stehen freiwillig im Regen – es muss wirklich noetig sein!