Archiv der Kategorie: Wildlife

Fruehling am Milchsee

(Aus der Reihe: Die letzten grossen Abenteuer)

Also erstmal ging es weiter mit Schnee. Weil sich hier in der Isolierung ein Tag an den anderen reiht, ohne dass sie sich deutlich voneinander unterscheiden, weiss ich gar nicht mehr, bis wann alles weiss war, aber: lange. Zeit fuer Spaziergaenge mit dem Hundchen. Und dann taute es, mit relativ wenig Matsche, nur sehr viel und schnellem Wasser.

Und dann versuchte ich, uns alle auf die Geburt (ausgerechnet fuer den 12.5.) von Brontës Kalb vorzubereiten, also Menschen, Baulichkeiten und die Kuh selbst. Die Kuh fand das doof, sie wollte partout nicht in den Melkstand und auch mich nicht naeher als geschaetzte 5 Meter an sich heranlassen. Beste Voraussetzungen fuer ein angenehm-persoenliches Melkverhaeltnis…

Als der Schnee ueberwiegend verschwunden war, wurde die Kuh lahm, lag viel rum, frass schlecht, und am ersten Mai machte sie mir wirklich Sorgen, so dass ich mit dem Herrn Hoe. mal naeher ran musste. Als sie aufstand, war klar: Die Geburt hatte begonnen. Prima. Nix wirklich fertig, Training gleich Null. Das Kalb, zum Glueck ein Einzelkind diesmal, kam, als wir einen Moment nicht hinguckten, und fiel gleich in eine der noch zahlreichen Pfuetzen. Der Herr Hoe., deutlich mutiger als ich, hatte allerhand Arbeit, es immer wieder aus diesen Pfuetzen zu zerren, in die es bei seinen Aufstehversuchen unweigerlich fiel. Es galt ja, dabei der Kuh auszuweichen, die ein wenig nervoes wirkte… Aber schliesslich waren die beiden im trockenen Schuppen, auf einer dicken Lage Heu, und das Kind sah einigermassen trocken aus. Wir gingen ins Bett. Am naechsten Morgen dauerte es nicht lange, bis uns auffiel, dass die Kuh nicht in Ordnung war. Zwar hatte das Kalb offensichtlich Kolostrum bekommen, aber die Kuh lag wieder rum. Und als sie schliesslich aufstand, war sie zitterig. Ich lese ja immer schlaue Buecher und so hatte ich eine Ahnung, dass es sich um das beruechtigte Milchfieber handelte. Also Tieraerztin angerufen, der die Schwere der Situation auch gleich klar war. Sie kam mit ihrem Mann, einem echten Cowboy, und ich war heilfroh, dass der mit dabei war. Er konnte naemlich sein Lasso bedienen, und so wurde die Kuh sozusagen an ihren angebauten Abschlepphaken (manchmal sind sie praktisch, diese Hoerner) zu einem Pfosten gezerrt, an dem sie einigermassen sicher befestigt werden konnte. Dort musste sie dann die bestimmt unangenehme Prozedur einer intravenoesen Kalziumgabe ueber sich ergehen lassen – nach der Devise: Nuetzt ja nix! Milchfieber hat nichts mit Fieber zu tun, im Gegenteil: eines der Anzeichen sind fallende Koerpertemperatur und kalte Ohren. Es handelt sich um einen ploetzlichen Abfall des Kalziumspiegels im Koerper, verursacht durch die ebenso ploetzlich einsetzende massive Milchproduktion, der zu Muskellaehmungen bis hin zur toedlichen Herzlaehmung fuehren kann, und zwar zackig. Laut Tieraerztin war die Kuh schon ein Stueck weit im Lala-Land, sie wirkte weggetreten, und Gereon konnte ihr noch am naechsten Tag die Ohren anfassen – normalerweise ein totales Unding! Das alles machte sie uns natuerlich nicht wirklich freundlicher gesonnen.

Da stand sie noch…

Wir hatten also: ein gehoerntes Bullenkalb, was wir uns nicht wirklich gewuenscht hatten, eine kranke und unkooperative Kuh, immer noch Pfuetzen, kein richtiges Dach ueberm Melkstand, aber die unbedingte Pflicht zu melken, dabei nicht zuviel, aber auch nicht zuwenig, um einerseits nicht die Milchproduktion noch weiter anzuregen, andererseits aber eine Euterentzuendung zu verhindern. Koennt ihr euch vorstellen, wie ich schon wieder unueberwindbare Berge vor mir sah? Da aber strahlt dann der Herr Hoe. wie Persil am Himmel. Nerven wie Drahtseile, Toleranz gegenueber Schwierigkeiten ohne Ende, eigentlich ein Faible fuer die Kuh, und trotz viel Arbeit in der Firma eine erstaunliche zeitliche Flexibilitaet. Meine wiederholten und in den Momenten durchaus ernstgemeinten Rufe nach dem Gewehr und sofortiger Exekution von Kuh und Kalb (ich war ehrlich fertig mit den Nerven, so richtig) ignorierte er in der bewaehrten Art einfach, nur einmal sagte er: Lass es uns noch ein paar Mal versuchen…

Und jetzt:

Mutter und Kind wohlauf. Mutter (fast) kooperativ. Und das beste Problem: 10-15 Liter Milch am Tag, und zwar MIT SAHNE! Letztes Jahr, ich hatte das glaube ich erwaehnt, beinhaltete meine Milchquote nur die Benutzung des halben Euters, ich bekam Magermilch und praktisch keine Sahne. Und nur so drei, vier Liter Milch ueberhaupt. Jetzt ist irgendwas anders, warum genau, weiss ich nicht. Jedenfalls schwimmen wir in Milch. Letztes Jahr reichten noch zwei, drei Einkochglaeser mit knapp 1.5 Litern Inhalt fuer das Morgenmelken aus. Inwischen bin ich zu Gallon-Jars, also Glaesern mit 4 Litern Inhalt gewechselt, und davon brauche ich morgens so etwa zweieinhalb, abends nochmal eines. Jeden Tag gibt es frischen Kefir, Sahne, leckerste Vollstmilch in Tee und Kaffee und natuerlich jetzt alle moeglichen anderen Milchprodukte: Joghurt, Quark und Frischkaese, dann sind Feta und Camembert in der Reife, Mozzaballs (na ja, da muss ich noch ueben), und Butter, natuerlich gibt es Butter. Und trotzdem hab ich jede Menge Milch uebrig, so dass auch die Huehner und das Schwein was abbekommen. Der geschaetzte Preis einer Tasse Kaffee mit ordentlich Milch drin sinkt taeglich, ich vermute, angefangen haben wir mit etwa $50 pro Schuss Milch, aber jetzt sind es bestimmt nur noch so $47,90 vielleicht…

Es wird also nie langweilig, wie auch? Im Garten war ich noch fast gar nicht, und im Moment regnet es, da hab ich eine prima Ausrede. Und auch sonst kriege ich wenig getan, ausser meiner Milchwirtschaft. Aber bald, so denke ich, kann ich auf einmal taeglich Melken umsteigen, und dann duerfte es etwas ueberschaubarer werden.

Es bleibt kaum Zeit, um ueber Corona-Probleme nachzudenken, und das fehlt mir kaum. Ganz vielleicht machen wir den Markt wieder auf im Juni, aber das steht noch in den Sternen.

Bei einem ersten schneefreien Spaziergang sahen wir die Anzeichen, dass unsere Mitbewohner ebenfalls alle wieder unterwegs sind.

Dieses Baerentier hatte sich bis ueber den Saegeplatz naeher an den Eselzaun gewagt, aber dann ist es wohl wieder abgebogen. Besser ist das.

Ich wuensche allerseits einen schoenen Fruehsommer, und jede Menge Regen, wo er noetig ist. Ich braeuchte jetzt erstmal keinen mehr, danke sehr.

Alles ist relativ

Ich bin relativ faul. Das liegt aber daran, dass ich die ELEKTRIKER IM HAUS habe. Es ist fast nicht zu glauben, aber in sehr absehbarer Zeit, etwa einer Woche, werden die vielen verworrenen Verlaengerungskabel aus meinem Leben verschwunden sein, es wird Lichtschalter geben und Steckdosen. Alles im Industrielook, also auf „Putz“ und in Stahl, aber das ist mir nur recht. Alles ist gut sichtbar und tut nicht so, als ob es etwas anderes waere.

Weil das Haus klein ist und total voller Kram – wer haette das gedacht? – bin ich hauptsaechlich damit beschaeftigt, den beiden jungen Maennern, Chuck und Cole, aus dem Weg zu gehen bzw. fuer sie Schneisen zu schlagen, Betten zu ruecken, Krempel von A nach B zu schubsen, damit sie ihre Arbeit tun koennen.

Fabrik-Stil oder so aehnlich. Schalter in der Entstehung.

Und wenn ich schon sonst nix Sinnvolles tun kann ausser natuerlich die Tiere zu versorgen, erzaehl ich euch noch mal vom Winter. Der ist naemlich gerade so wirklich voll zugange. Der Wetterbericht hatte schon letztes Wochenende mit sehr niedrigen Temperaturen gedroht, und diesmal lagen die Wetterfroesche richtig. Gestern morgen hatten wir uns bis auf -40 heruntergearbeitet. Das war dann natuerlich auch der Moment, wo der Generator in die Knie ging. Und die Elektriker kommen wollten. Der Chef war nicht amuesiert, fand, ich haette ihnen absagen muessen. Ich habe sie naemlich, getreu meinem Motto fuer dieses Jahr „Selbst ist die Frau – jetzt erst recht!“, eigenmaechtig bestellt.

Also, Generator tot, demnach Auto nicht startbar, demnach Chef nicht zur Arbeit, demnach vier Menschen im Haus, aber praktisch kein Strom – das ist eine interessante Situation. Natuerlich haben Handwerker heutzutage alle Akkuschrauber, Akkubohrer, Akku-Alles. Und Kopflampen. Also kein Problem fuer die Jungs. Und natuerlich fingen sie IM Haus an und nicht mit den Zuleitungen von draussen. Als dann die Sonne kam und wunderbar lud, trotz minus 36 oder so, gab sie uns freundlicherweise genuegend Strom, dass der Chef sein Auto vorwaermen und dann abduesen konnte. Zum Glueck hatte der Generator, wie sich herausstellte, nur einen kleinen Schluckauf und laeuft jetzt wieder. In solchen Situationen waechst wieder meine Bewunderung fuer die Menschen, die in diesem kalten Winterland ohne all unsere als selbstverstaendlich hingenommenen Annehmlichkeiten gelebt haben. Da muss man sich schon wirklich was einfallen lassen.

Unsere Tiere kommen mit dem Wetter erstaunlich gut klar. Alle haben permanent Schnee auf dem Ruecken, was uns sagt, dass sie wenig Waerme abgeben – und das ist gut so. Schnee isoliert auch. Einen betraechtlichen Teil meines Tages verbringe ich damit, fuer alle aus Schnee Wasser zu produzieren, vorzugsweise handwarm. Von der Kuh kriege ich immer aergerliches Kopfschuetteln, wenn die Temperatur nicht korrekt ist, die Esel und Lamas sind nicht pingelig und trinken alles, Hauptsache fluessig. Letztere fressen auch Schnee, aber ich denke mir, dass es viel zusaetzliche Energie kostet, auch noch Schnee im Magen zu schmelzen, also goenne ich ihnen diesen kleinen Luxus.

Und heute, nach den -40 von gestern, die auch noch von einem kleinen Windchen begleitet waren, kamen uns die -32 am Morgen relativ warm vor. Das zum Thema Relativitaet. Im Moment ist es -25, die Kuh liegt draussen am Heuballen, und alles ist – relativ – entspannt.

Die Kuh hat jetzt ganz frei. Martina das Kalb wanderte kurz vor Weihnachten Richtung Truhe, und ich fing an, die Kuh wieder zu melken. Der Anfang war schrecklich, sie wollte sich an nichts Gutes erinnern, sondern nur wieder Krawall machen. Aber ich war ja vorgewarnt, und so hielt ich durch, und nach zwei, drei Tagen bekam ich endlich die lang ersehnte richtige, echte Milch mit Sahne. Was fuer ein Spass und Genuss, waere da nicht der Wetterbericht mit seinen Drohungen gewesen.

Die Fotos habe ich schon bei -22 gemacht, und ich habe auch noch bis -30 gemolken, aber dann wurde die Kuh wieder grantelig, meine Finger, vor allem die kleinen, immer kaelter, die Milch fing mir im Eimer an zu frieren – und dann war auch gut. Es gibt Grenzen. Ich muss nicht mehr alles versuchen. Und in der kurzen Melkzeit hatte ich immer genuegend Milch, um noch einige Liter fuer uns einfrieren zu koennen. Die werden wir jetzt noch zu schaetzen wissen, und dann muessen wir bis Mai wieder anderweitig einkaufen, das geht auch. Und die Kuh nimmt in der Zeit hoffentlich ein kleines bisschen zu. Sie ist immer noch klapperig, aber mehr Futter brachte nur mehr Milch, wie das eine gute Milchkuh so regelt.

Die Tage sind jetzt schon spuerbar laenger, und wenn die Sonne scheint, ist Winter – auch mit Kaelte – immer noch mein liebstes.

Jetzt geh ich mal wieder Holz nachfuellen, drei Oefen, zwei im Haus, einer im Hof, wollen gefuettert werden.

Ach, und weil das Oberbergische jetzt ja „Wolfserwartungsland“ ist, kriegen die oberbergischen unter meinen potentiellen Lesern hier schon mal ein Bildchen, damit sie wissen, worauf sie achten muessen. Das war unser Weihnachtswolf, liess sich Heiligabend ablichten.

Weihnachts-Wolf

Einerseits: Winterschlaf…

Wie es scheint, ist der Winter jetzt wirklich da. Heute Morgen zeigte das Thermometer -21 Grad, und schon gestern Abend hatte ich den zweiten kleinen Ofen angefeuert. Ein Blick aus dem Fenster aber zeigt mir mein Lieblingswetter, ihr wisst schon: Blitzeblauer Himmel, strahlender Sonnenschein, glitzernder Schnee. (Haha, das war noch im November, dann kam mal wieder was dazwischen, inzwischen ist Dezember und heute ist es grau, aber kein Problem.) Warmes Fruehstueck gibt es trotzdem, Haferschrot mit Wasser, Milch und eingemachten Birnen und Pflaumen. „Ausnahmsweise“ mal ein bisschen angesetzt unten im Topf…

Doch erstmal zurueck zum Oktober.

Kurz nachdem ich den kleinen Hund unter dem Weißdorn beerdigt hatte, drohte sich der Winter schon wieder an, und zum Glück schaffte Schreiner Jeremy es noch früh genug, die porch, den Vorflur oder wie ich das nennen soll, einzukasteln.

Sogar ein Katzenklaeppchen gibt es, wie ihr seht. Ist aber etwas schwergaengig, und unsere verwoehnten Katzen erwarten ueberwiegend dass jemand (ich natuerlich) es bitte sehr gefaelligst fuer sie oeffnet. Wenn sie denn ueberhaupt ins Wetter wollen, meistens bleiben sie jetzt einfach im Haus und lassen sich bedienen.

Ein bisschen winter-weihnachtliche Stimmung kann ich mir nicht verkneifen.

Noch im Oktober fuhr ich zu einem lange ersehnten Kaesekurs in die Gegend von Edmonton. Was fuer ein Erlebnis! David Asher ist ein rebellischer Kaese-Macher, der aufgrund seiner Erfahrungen der Ansicht ist, dass Milch sowieso Kaese werden will (naemlich im Magen des Kalbes) und dass sie demnach alles, was zur Kaeseherstellung erforderlich ist, schon mehr oder weniger in sich hat. Also braucht niemand industriell (und teilweise fragwuerdig) hergestellte Kaesekulturen, etwas, was mich bei meinen bisherigen Versuchen auch schon immer gegraetzt hatte. Man laesst die Milch natuerlich saeuern, und los geht es. Braucht man nur noch Lab, das sinnvollerweise von einem Kaelber- oder Zickleinmagen gewonnen wird (da wird es dann fuer die Laktovegetarier schwierig, aber lasst euch gesagt sein: Mikrolab oder wie es heisst ist auch nicht ohne). Es war eine spannende, hirn-beanspruchende und sehr leckere Woche, die ich – als Tuepfelchen auf dem i – auf dem Hof verbringen durfte, der die Milch lieferte. Ich hatte Gelegenheit, Ziegen und Kuehe zu melken, auch nach Kursende noch mit David zu reden und ueberhaupt spannende Menschen und Konzepte kennenzulernen. Obwohl ich so eigenbroetlerisch geworden bin, tut sowas einmal, vielleicht sogar zweimal im Jahr richtig gut.

Hier zuhause klappt nix davon – zu meinem Graus. Der wunderbare Kefir, von dem ich ein Stueckchen mit nach Hause nehmen durfte, ist mir nach kleiner Ueberhitzung *huestel* verstorben, und schon vorher schmeckte alles, was er produzierte, wie Milchwein, alkoholisch. Und der Joghurt ist auch hinne – sehr tragisch. So bleibt mir also im Moment nur der Blick auf meine schoene Kuh, die leider zu duenn zum Melken ist, die mir aber hoffentlich ab naechsten Mai einen Neustart ermoeglicht.

Kaum war November, kam auch schon deutscher Besuch, die beiden Forstleute Luise und Ruediger, die 14 Tage bei uns blieben. Dafuer hatte ich unter Druck den Schuhkarton, das Gaestezimmer, einigermassen bewohnbar gemacht, aber es gab Tuecken und Ausfaelle, so war z.B. der Schornsteinausgang nicht dicht, und es kam Wasser durchs Dach herein. Ganz davon abgesehen, wurde es ausserdem noch richtig kalt – aber die beiden waren tapfer und hart im Nehmen, mein Angebot, doch im Haus zu naechtigen, lehnten sie mutig ab. Nach Abdichtung des Schornsteins aber, Einbau eines besseren Suedfensters (das usselige verberge ich geschickt hinterm Vorhang…) und Verbesserung der Tueren steht das Zimmer (mit eigenem „Bad“) dann im Fruehjahr mutigen Gaesten zur Verfuegung.

Es gab viel Waldarbeit, inklusive erfolgreicher Hirschjagd, ein Schwein wurde geschlachtet, vorher schon einige unserer vielen Puten, und jetzt sind die Truhen voll mit Wurst, Schinken, Gulasch, Braten und Hackfleisch. Nur unsere Kartoffelbestaende neigen sich schon fast ihrem Ende zu. Sehr schade.

Im Wald macht der Elch Yoga.

Zwar ist die Arbeit ums Haus deutlich reduziert, aber fuer das, was getan werden muss, gibt es viel weniger Zeit. Die Sonne geht erst um 9 auf und ist um halb fuenf schon wieder weg, und das wird ja noch ein bisschen weniger. Fuer meinen Schlaf ist das ungemein foerderlich, und ich verstehe all die Tiere, die Winterschlaf oder Halb-Winterschlaf halten. Es ist die Zeit, in der ich mehr lese, kostenlos meinen Plaenen und Projekten nachhaenge, viel mehr stricke und einfach im ganzen entspannter lebe. Weil ich sowieso ueberwiegend nur planen, nichts ausfuehren kann, kommt auch kein Frust auf, wenn mal wieder was nicht passiert. Im Winter passiert einfach grundsaetzlich nicht viel, und das ist gut so! Ausser vielleicht, ganz vielleicht… koennte ich mal meine Speisekammer zum x-ten Mal umbauen… oder oben eine Sitzecke basteln… oder den Schuhkarton weiter vervollstaendigen… mehr stricken… spinnen… filzen…

Oh, und jetzt fallen draussen Floeckchen – vielleicht tu ich auch einfach ueberhaupt nix und gucke mir das Wetter von drinnen an. Eine schoene Vorweihnachtszeit wuensche ich!

When pigs fly – Wenn Schweine fliegen

Obwohl diese Fotos neulich erst hier auftauchten, bekommt ihr sie noch einmal in gross, aus einem traurigen Anlass. Ludwig, das Schwein, ist nicht mehr. Nachdem ich von meinen 2 Wochen in Deutschland am 21. Maerz krank zurueckkehrte und mich sofort mal fuer eine gute Woche ins Bett legte, entdeckte ich dann bei einem meiner ersten Kontrollgaenge zu den Tieren, dass unser Ludwig sich einen Darmvorfall zugelegt hatte. Und den hatten leider, leider die Huehner schon vor uns entdeckt. Huehner sind ziemlich unangenehm, wenn es um derlei Dinge geht, Details erspare ich uns allen. Wir haben ueberlegt, ich habe mich erkundigt, aber die tieraerztlichen Meinungen waren sich eher einig: Ludwig haette in eine Klinik gemusst und aufwaendig, aber mit sehr fraglichem Ausgang operiert werden muessen. Ziemlich genau elf Jahre war er alt, als wir uns schweren Herzens gegen diese moegliche Loesung und fuer die andere entschieden haben: Ludwig starb, soweit wir das erkennen konnten, frohen Mutes ein Kaesebrot essend, angst- und mit groesster Wahrscheinlichkeit schmerzfrei einen schnellen Tod, da wo er sein Leben hauptsaechlich fressend, buddelnd oder schlafend verbracht hatte. Nachdem seine Schwester Lilli die Gelegenheit hatte, sich von ihm zu verabschieden, haben wir ihn auf den Anhaenger geladen und Gereon hat ihn in den Wald, zum Biberteich gebracht. Zwei Tage spaeter sah ich morgens drei Weisskopfseeadler ueber den Hof fliegen, teils nach Norden, Richtung Biberteich, teils aus Norden kommend. Und dachte mir so: Kann gut sein, dass aus unserem Ludwig nun ein Adler wird, so nach und nach. Auf diese Weise kann sogar ein so erdverbundenes Tier wie ein Schwein sich in die Luefte erheben. Irgendwie auch ein troestlicher Gedanke. Finde ich jedenfalls. Guten Flug, Ludwig!

Rueckblick Teil 4: Aufbaujahre? – 2009-2013

Dieser Teil 4 duempelt schon seit einiger Zeit in meinen Entwuerfen. Ploetzlich wurde das Leben naemlich wieder schneller, ich weiss auch nicht so genau, wie das passieren konnte. Damit ihr aber was zu lesen habt, geht das jetzt raus. Wann es weitergeht, steht in den Sternen. Draussen ist es wie Fruehling, und man/ich will nicht am Computer sitzen, so lange es hell ist.

Mit dem Rueckblick weiter also hier:

Im Haus waren wir also schon mal, so weit – so gut. Oder auch nicht so gut. Denn mit mir ist es so: Gibt man mir ein halbfertiges Haus, will ich gleich einen Palast. Oder so aehnlich.
Schon ab 2009 kann man lesen, dass ich unzufrieden war. Es ging mir nicht schnell genug, nicht gut genug, ich fühlte mich häufig alleingelassen und nicht gehoert mit meinen Forderungen nach Abfluss, Dusche, Solaranlage, Innenausbau, anderem Auto etc.pp. Rückblickend würde nicht nur ich, sondern wahrscheinlich auch der sehr gleichmäßig gelaunte Gereon sagen, dass es meine Quengeljahre waren.
Natuerlich habe ich nicht nur gequengelt, und wenn, dann nicht nur über unsere Nicht-Fortschritte. Ich quengelte auch über das Wetter, über “die Albertaner” (ja, ich weiss, dass Verallgemeinerungen unzulässig sind), die Telefongesellschaft, die Arbeit, den Markt, die Ziegen…
(Ab hier empfehle ich den Interessierten, die Suchfunktion im Blog zu nutzen bzw. monatsweise zu lesen. Ich werde nämlich sonst nie fertig…)

Ab hier auch: Themenschwerpunkte. So was wie Menschen, Tiere, Impressionen. Mit den Tieren fangen wir mal an.

2009 verlor Gereon vorübergehend seine Arbeit, als die globale Wirtschaftskrise auch Alberta erreichte. Ich dagegen fing einen neuen Job in der Tierarztpraxis an, die die Tochter meiner Nachbarin in Valleyview eröffnet hatte. Eine nervenaufreibende Aufgabe insofern, als ich erleben musste, wie anders “die Albertaner” mit Tieren umgehen als zumindest ich mir das wünschen wuerde. Es wurde viel gestorben, ich habe so manches sterbende Hündchen und Kätzchen im Arm gehalten. Das bestaetigte mich in meinem Vorsatz, dass von mir hier niemand ein lebendes Tier bekommt, mit der Ausnahme – vielleicht – von Huehnern.
Doch es gibt auch immer noch laufende Erfolgsgeschichten aus der Tierarztpraxis. Dies ist eine davon:

“Der kleine Hund”, todgeweiht, weil in der Stadt herrenlos aufgegriffen und von niemandem abgeholt, seine Unzufriedenheit lauthals kundtuend und demnach zum Wochenende sehr unerwünschter Gast in der Praxis, kam mit zu uns. Warf sich dem Chef an den Hals. Verliess uns für ein Jahr, weil der Chef keinen weiteren Hund wollte. War dann wieder todgeweiht, weil allzu selbständig und wurde von Helga Schwiegermutter und mir wieder abgeholt. Seitdem “der wichtige Hund”. Ein Goldstueck.

Eine andere Erfolgsstory aus der Tierarztpraxis ist das von uns liebevoll so genannte Kitty-Kotzi. In den Fotos unten hat es sich einmal an den Chef geschleimt, ein anderes mal liegt es in einem Blumentopf. Todgeweiht, weil herrenlos und schwanger aussehend. Schwanger aussehen tut es immer noch, obwohl es kastriert ist, aber herrenlos ist es in keinster Weise, hat es sich doch wahrscheinlich auf immer und ewig an den Herrn Chef gebunden, den es mit Haut und Haaren liebt.

Zurueckkommen konnte der wichtige kleine Hund 2011, weil im März 2010 der andere kleine Hund, Nini Whippet, mit noch nicht einmal 10 Jahren eingeschläfert werden musste. Sie hatte uns nach Kanada begleitet und tapfer allen Widrigkeiten getrotzt. Lungenkrebs war die Diagnose, gegen die sie dann nicht mehr ankam.

Ueberhaupt sind aufgrund der vielen Tiere, die wir hatten und haben, Geburt und Tod immer ganz wichtige Themen. Jedes Jahr wurden viele Zicklein geboren, und jedes Jahr wurden Ziegen geschlachtet. Nachdem ich in Deutschland fast Vegetarierin war, bin ich hier in Alberta zu einem sehr bedachten Alles-Esser-Tum umgestiegen. Und, moeglicherweise etwas provokant, sage ich ich, dass ein ordentlich erlegtes Stueck Wild (damit meine ich: ein Schuss – umfallt!) das in vieler Hinsicht verantwortungsbewussteste Fleisch ist, das man so essen kann, und in mancher Hinsicht und in vielen Faellen deutlich weniger bedenklich als manches Gemuese. Gejagt wurde also auch. Einmal sogar, in Selbstverteidigung, ging es dem Wolf ans Fell, der unseren Geisslein ans Fell wollte. Schade, aber das war wirklich zu und zu nah.

Es gab Hunde, Katzen, Huehner, diese letzteren in stark schwankenden Zahlen, weil jedes Jahr jede Menge Kueken aus jeder Ecke kamen, andererseits aber auch viele Huehner in den Topf wanderten. Nicht ver- oder gejagt wurde Frau Haak (korrekt: Mrs Hawk), das Habichtsweib, das auf einem Foto unten auf einem Huhn sitzt. So ging uns eine Reihe Huehner verloren – aber Frau Haak hatte schliesslich auch eine Familie zu versorgen.

Es gab ein Lama-Baby, das mir immer noch wie „das Kind“ vorkommt, obwohl Hektor inzwischen 9 Jahre alt ist. Kinder, wie die Zeit vergeht. Diese Tiere waren immer mein groesster Spass, sind es heute noch. Zugeben muss ich, dass die Ziegen gleichzeitig auch mein groesstes (Tier-)Problem waren, mit ihrer immensen Neigung zu experimentellen Materialpruefungen, denen fast nichts standhielt. Immer noch hantiere ich mit Zaunelementen und Schuppentueren, die durch die Ziegenhoerner umgeformt wurden. Eine harte Pruefung wahrscheinlich nicht nur fuer meine Ehe.

Und so verliessen 2013 alle Ziegen den Hof. Und ich vergoss wieder Traenen. Grosse Aenderungen kuendigten sich an.

Unterdessen weiter noerdlich

Bevor ich mit einem grossen Rueckblick beginne an diesem besonderen Tag, will ich euch erst einmal wieder ein paar Fotos von den Mitbewohnern geben. Zuerst die Merkwuerdigkeiten (wie in: Hoheiten)

Dieser Kerl hat sich oft knipsen lassen, und seine Groesse und die ausgepraegte „Glocke“ (ich nenne das den Bart) lassen auf einen aelteren Bullen schliessen. Die sehr mickrigen „Hoernchen“ koennten auf einen extra-alten Methusalem hinweisen.

Aber es kamen dann auch andere „Hoernchen“ und Frauen und Kinder – eine rechte Elchversammlung ueber die letzten drei Monate. Sehr erfreulich.

So richtig gut im Lack, wie man sieht, aber diese Mimik…!

Und dann wollte ploetzlich die gesamte Maennergruppe ins Bild. Manche haetten ordentlich Platz fuer Geschenke auf den Schaeufelchen. Andere dagegen haben schon ein Schaeufelchen verloren, und zwar nicht freiwillig. Die Herren sind sich nicht immer so ganz gruen, wie man sieht.

Schliesslich wollte auch noch dieser Verein ins Bild, an zwei verschiedenen Tagen, leider nicht so ordentlich wie die Elche. Aber mindestens so beeindruckend (jedenfalls fuer mich – meine Spaziergangplanung jedenfalls haben sie ins Wanken gebracht)

Auf dem ersten Foto, uebrigens, so sagen der Chef und die Nachbarn, steht ein Kojote. Ich bin mir inzwischen gar nicht mehr sicher. Die anderen sind eindeutig keine Kojoten. Und wenn man genau hinguckt, sind es wahrscheinlich vier verschiedene Individuen, zwei dunkle, zwei helle.

M2E31L80-80R395B300

Und in der Nacht mit Leuchteaeuglein und einem freundlichen Laecheln. Watch out, Rotkaeppchen!

Ja, so isses hier im Wald. Ein Luchs war auch noch auf den Bildern, aber das schien uns nicht spannend genug. Gereons Arbeitskollege berichtete, dass er auf dem Heimweg von der Arbeit, knappe zwei Kilometer von seinem Haus entfernt (etwa 25 km Luftlinie von uns) drei (D-R-E-I) Pumas vor sich auf der Strasse hatte, Papa, Mama, Kind. Da mache ich mir schon manchmal ein bisschen Gedanken um Klein-Aurora…

Natuerlich habe ich dem Herrn Chef schon wieder gesagt, dass NIX davon um die Ecke gebracht wird, aber als die Nachbarin (ohne meine Absicht! Ich vermeide tunlichst, den Nachbarn Bilder von „den boesen“ Raubtieren zu zeigen) die Fotos sah, meinte sie gleich: „Das sind jeweils 600 Dollar.“ Es gibt naemlich nach wie vor eine Kopfpraemie auf Woelfe, und im Winter ist so ein Pelz nochmal 200 – 300 Dollar wert. Ich hab’s trotzdem untersagt. Hoffentlich hoert er auf mich… Um uns herum wird allerdings ungebremst geschossen und es werden Fallen gestellt – und dann Praemien eingesammelt. Es scheint tatsaechlich mehr Woelfe als noch vor ein paar Jahren zu geben.

Esel-Erfolge. Gefluegel-Dramen.

IMG_3315

Mehr Ausrede brauche ich nicht, um jetzt zu schreiben. Die Tiere sind versorgt, der Ofen knistert, der Generator muss leider laufen, weil: Das Wetter ist aeusserst bescheiden. Hitze ist ja doof, aber immer nasse Jeans bis an die Knie ist auch nicht so prickelnd. Also erstmal lecker fruehstuecken. Und dabei erzaehle ich euch von meinem tapferen Hugo. So ein guter Junge!

Man muss sich vielleicht noch einmal vor Augen fuehren, dass Esel in der Steppe heimisch sind, im Mittleren Osten bzw. Nordafrika, wo es eher trocken, eher heiss, eher steinig ist. Sie sind jedoch offensichtlich sehr anpassungfaehig, wenn auch nicht immer gluecklich damit. Gestern also beschloss ich, ein wenig leichtfertig, wie sich nach kurzer Zeit herausstellte, dass Hugo uns zur Wildkamera begleiten sollte. Seit er von seiner Mutter getrennt und zwangsweise mit den Lamas vergesellschaftet wurde, neigt er ein bisschen zur Niedergeschlagenheit, und ich wollte ihm Abwechslung und Herausforderung bieten – das soll ja fuer die jungen Leute gut sein. Wie ein Hund, der das Geraeusch der Leine, wie sie vom Haken genommen wird, kennt und sofort kommt, so marschiert auch Hugo von wo immer herbei, wenn ich das Halfter in die Hand nehme. Chef vorneweg, Hugo und ich hinterher, zogen wir los. Leider habe ich keine Fotos von meinem kleinen tapferen Eselchen, wie es die erste (und einzige!) Bruecke meistert. Ich bin so stolz auf ihn! Nur dreimal sind ihm seine immer noch kleinen Huefchen zwischen die Bohlen geraten, dann hatte er es gelernt. Erst an der dritten wirklich sehr waessrigen Stelle wollte ich aufgeben, weil er so lange ueberlegen musste und sich bitten liess, waehrend ich von Moskitos foermlich aufgefressen wurde. Aber der Chef schlug vor, ueber den Biberdamm zu gehen. Und als kein Wasser vor seinen Fuessen zu sehen war, liess sich der tapfere Hugo dazu tatsaechlich ueberreden. Das kleine Filmchen zeigt eine weitere Wasserueberquerung, diesmal mit Schmackes! Es war eine bemerkenswerte kleine Wanderung!

Auf der anderen Seite diese Puten! Vor einiger Zeit hatte ich ja von den fuenf Neuzugaengen berichtet, zwei Haehne, drei Hennen. Sie haben sich tatsaechlich prima eingelebt, viel besser als erwartet. Ihr Brieftaubenverhalten haben sie voellig abgelegt, das ist gut. Die 18 Eier, die ich unter Huehnerhennen geparkt hatte, sind leider nix geworden. Zwei mutig geoeffnete Eier zeigten (aus der geruchssicheren Ferne) einen kleinen Embryo und in dem anderen Ei nur undefinierbare Plempe. War also nix. ABER: die drei Damen verschwanden kurz hintereinander alle im Busch, um sich nur selten und kurz zum Fressen wieder blicken zu lassen. Ich notierte mir die Daten. Eine kam nach 14 Tagen wieder, ohne Kueken. Die naechste kam am 28. Juni wieder – mit sieben Kueken! Sie geriet allerdings direkt in eine taetliche Auseinandersetzung mit der Kollegin. Das sah ich vom Fenster, als ich noch keine Kueken erkennen konnte. Ich raste raus, mit Butterbrot in der Hand, wie das so meine Art ist, und entdeckte erst eins, dann noch eins und noch ein Kueken, und dann wurde mir klar, dass um mich herum potentiell ueberall kleine Fluffbaelle sein koennten. Still stehen, nachdenken… Mein Fruehstueck wollte ich nicht aufgeben, aber mit nur einer Hand fluechtige Kueken einfangen, das sah ich auch nicht. Also rein, Fruehstueck abgelegt, Kiste geschnappt, auf Kuekenfang. Inzwischen war die Henne wieder Richtung Busch unterwegs mit ihrer Mini-Bande! Ich fand sechs Stueck, aber mir fehlte ein schwarzes, das ich definitiv gesehen hatte. Erstmal alle in den Stall, mit aufgeregt folgender Henne, dann wieder raus, weiter gesucht – fuendig geworden! Im Stall, den ich sehr provisorisch vorbereitet hatte mit einer Abtrennung fuer Mutter und Kinder, war die Henne so derart panisch, dass ich um die Kueken fuerchten musste, und ausserdem war es super-usselig und kuehl. Ergo alle wieder eingepackt, im Haus auf eine Waermflasche gesetzt, dann alle verfuegbaren Verlaengerungskabel aneinander gesteckt (das darf man gar nicht verraten, eigentlich) und eine Waermelampe aufgehaengt. 250 W Dauerleistung, geht nur mit Generator und ist demnach ein Unding, aber fuer die Kueken…. Nachdem die Lampe brannte, die Temperatur darunter in Ordnung und die Kuekenschar aufgewaermt war, schleppte ich alle wieder runter, setzte sie unter die Lampe – und sie liefen sofortissimo zu ihrer Mama, die sich dann – endlich, endlich – auch beruhigte und ordnungsgemaess die Brut unter ihre Fittiche nahm. Es erfolgte ein tiefes Ausatmen meinerseits.

Seitdem pilgere ich alle paar Stunden zu den Puten, um zu zaehlen und Zustaende zu pruefen. In Deutschland habe ich ja erlebt, wie schnell die von lebendig zu ganz tot koennen. Gestern, sowieso ein eher schwieriger Tag, geriet zweimal ein Kueken aus der Abtrennung. Diese Mini-Teile kuehlen ganz schnell aus und liegen dann leblos in den Ecken. Zweimal also hatte ich ein Kueken im Hemd, den Gatten mit der Bereitstellung einer Waermflasche beauftragt, und wickelte Nestchen aus einem Handtuch. Zweimal klappte es wie ein kleines Wunder: Waerme fuer eine gute Stunde, und ein rasselnd atmendes Pruttelchen mit geschlossenen Augen und haengendem Koepfchen verwandelt sich wieder in ein piepsendes, flitzendes Federbaellchen. Ich habe versucht, die Ausbruchsluecken zu finden und zu stopfen, und trotzdem fand ich heute morgen wieder eines ausserhalb der Einkastelung, diesmal wirklich ganz tot.

Diese Kueken-Dramen gehen mir jedes Jahr nahe. Immer, wenn ich so ein kleines Wesen in der Hand halte und den Mini-Schnabel auf meiner Haut spuere, das Klicken und das Rasseln hoere, dann habe ich ein Deja-Vu. Ich weiss gar nicht, wie oft ich das schon gemacht habe, mit allen moeglichen Federtieren, meist mit weniger Erfolg. Jedes Jahr wieder, und jedes Jahr habe ich die Hoffnung, dass man die Tierchen retten kann. Puten sind – aehnlich wie Esel – nicht von hier. Sie haben es auch lieber waermer und vor allen Dingen trockener. Da frage ich mich heute ganz besonders, ob wir so einen Versuch ueberhaupt haetten starten sollen, mit einer Naturaufzucht. Denn: Die dritte, erfahrene Henne sitzt noch irgendwo draussen, und naechsten Sonntag muessten die Kueken schluepfen. Es kann gut sein, dass sie bei dem Regen inzwischen auf einer Insel sitzt. Aber selbst, wenn das nicht der Fall ist, sehe ich gar nicht, wie sie bei diesem Wetter die Winzlinge trocken bis zum Haus bringen will. Naechste Tragoedien sind vorprogrammiert…

Die aktuellen Kueken aber habe ich heute neu eingekastelt, die Mutter damit einmal mehr voellig aus der Fassung gebracht, doch bei der letzten Kontrolle sassen alle ordnungsgemaess in der Ecke, Mutter auf Kindern.

Durchweg erfreulich allerdings war die Ausbeute von der Wildkamera gestern, auch wenn ich leider die besten Bilder versehentlich nicht kopiert, sondern geloescht habe.

lynx2018

Diesen oder einen anderen Luchs sahen wir auch voriges Jahr schon. Am besten gefallen mir immer diese immensen Hinterfuesse!

Dann aber zeigte sich das fuer mich bisher erfreulichste Tier (weil es schoene Toene macht, und mich weder beissen noch stechen noch ueberhaupt potentiell aufessen will), und bei genauem Hinsehen hat es auch Nachwuchs bei sich.

sandhillcrane2018

Gehoert hatte ich die Sandhill Cranes in letzter Zeit oft im Nordwesten, hatte auch schonmal ueberlegt, ob sie wohl in unserer Naehe sein koennten, aber dieses Foto, mit einem so kleinen Kueken, belegt ziemlich klar, dass sie in der Tat bei uns auf dem Land, ganz in der Naehe der Kamera brueten. Wie ich mich darueber freue!

 

 

Team Nadja

War mal Schnee? Kann mich gar nicht erinnern…

Vermutlich war es in vielen Fruehjahren so, aber diesmal kommt mir der Uebergang vom Winter (tief) zum Sommer (heiss) extrem zackig vor. Fruehling dauert etwa 3 Wochen. Und na ja, heiss ist immer relativ, bei mir faengt es je nach Tagesform bei plus 15 Grad an. Fuer heute jedoch sind 26 Grad gemeldet, und da wird meine rot markierte Obergrenze deutlich ueberschritten. Ich sitze auf der frueheren Jurtenplattform, im Schatten, mit Blick auf den gruenenden Wald und mit Vogel- und Froschgesang im Ohr. Und fruehstuecke lecker und ausgiebig, mehr so eine Frueh-Mittag-Kombo. Das habe ich mir verdient.

IMG_2999

Nadja und ich waren naemlich schon echt fleissig, gestern und heute. Beete getillert, Kompost umgearbeitet. Das haben Nadja und ich im Team erledigt, laut und stinkig, aber effizient. Das wirklich schweisstreibende waren die vielen Schubkarren Kompost, die ich dann auf die Beete gefahren habe. Die sind das Fruehstueck wert.

IMG_2987IMG_2986

Jetzt muessen Nadja und ich nochmal ran, einarbeiten, und dann kann gesaet werden. Die Hochbeete brauchen auch noch Kompost. Unkrautarm sind sie ueberwiegend schon, das ist immer Handarbeit. In den Kaesten muss ich besonders vorsichtig sein, weil sich Selbstaussaeer finden. Salat ist zum Beispiel sehr zuverlaessig. Und es gibt viele ueberwinterte Pastinaken. Auf die bin ich mal gespannt.

IMG_2989IMG_2988

Von Schnee zur ersten Rhaberberernte in circa 3 Wochen. Alberta eben.

IMG_2985

Auch ausserhalb des Gartens hat alles Fahrt aufgenommen. Die ersten Froesche hoerten wir ja schon, als noch ordentlich Eis im Dugout schwamm. Jetzt sind die Konzerte vielstimmig und richtig laut. Es ist so eine Art Saengerwettstreit zwischen Wood Frogs, Boreal Chorus Frogs (das sind die, die auf dem Kamm rumratschen) und Kroeten (die singen am schoensten). Eben fand ich den erwarteten Laich.

IMG_2993

Und natuerlich erscheinen wie aus dem Nichts um diese Mai-Zeit immer die Ranunkelbluemchen, die Sumpfdotterblumen, in Mengen.

IMG_2991

Dieses Jahr habe ich mir aber auch – mit Muttertag als Ausrede – frueh genug eine Blume fuer vor’s Kuechenfenster gegoennt.

IMG_2984

Und, mit derselben Ausrede, einen lang gehegten Wunsch erfuellt 🙂

IMG_2979

Ein anderer Wunsch (ich habe, glaube ich, immer viel zu viele) wurde bereits (ueber)erfuellt. Nachdem wir die Monster-Riesenputen vom letzten Jahr alle geschlachtet hatten, fehlte mir richtig was. Ich sagte mehrfach zum Herrn Chef, dass so ein Putenpaerchen, das sich normal vermehren und auch seine Kinder selbst aufziehen kann, dafuer dann aber natuerlich deutlich kleiner ist, mir gut in den Kram passen wuerde. Sind ja prima Gezieferjaeger und haben eine Vorliebe fuer Heuschrecken, von denen ich die ersten heute im Garten gesehen habe. Wie es der beruehmte Zufall wollte, hatte der Chef-Kollege (der, auf den ich wegen seines trojanischen Geschenkes von gleich zwei Pferden gar nicht so gut zu sprechen bin) Nachbarn, die genau solche Puten im Ueberfluss ums Haus und auch bis zum Chef-Kollegen laufen hatten. Der Herr Chef brachte dann, logisch eigentlich, nicht ein Paar, sondern drei Damen und zwei Herren mit. Hochfluechtig, deswegen schwer zu fotografieren. Puten-Maenner-Gesichter sind aber ja sowieso nicht jedermanns Favoriten 😉

IMG_2995IMG_2996

Angeblich handelt es sich um Kreuzungen aus Merriam’s Turkeys (der Wildform) und Royal Palm Puten (sehen aus wie Croellwitzer), aber ob das stimmt, weiss niemand wirklich. Sie sind jedenfalls hoechstens halb so gross wie die „Industrie“puten, dreimal so schnell, flugfaehig, und als wir sie nach einer knappen Woche aus Stall- bzw. Gehegehaft in die Freiheit entliessen, machten sie sich wie ferngesteuert in Richtung Westen auf, wo sie hergekommen waren (sie haetten allerdings so ca. 40 km nach Westen laufen muessen!). Mit zwei langen Aesten konnte ich sie auf der Strasse (!) umlenken und wieder einpferchen. Ich befuerchte, die sind wie Brieftauben… Aber: sie haben schon 14 Eier gelegt, fuenf davon parken unter einer Huehnerhenne, und falls da was schluepft und ueberlebt, wird dieser Nachwuchs wohl wissen, wo er hingehoert.

So. Mittagspause zuende. Jetzt gibt’s noch einen Brownie, und dann schmeisse ich Nadja wieder an. Der Winter kommt bestimmt, und vorher muss ich noch was Gemuese ernten…

Ich geb euch noch schnell meine Lieblingsaspen, die so schoen gruen sind und fuer mich ein bisschen im Wind rauschen.

IMG_2997

 

 

Mehr Koerpersprache

Gestern stapften wir mit den Schneeschuhen durch weichen Schnee und durch Wasser – ein interessantes Erlebnis – um die Fotos von der Wildkamera abzuholen. Wie man sehen kann, sausen auch bei den Weisswedeln die Hormone, und Frau Mutter schickt die Kinder in den Wald. Fuer uns sah es so aus, als ob vor allem ihr weibliches Kind ausziehen musste, waehrend Sohnemann noch ein bisschen an Mamas Schuerzenzipfeln haengen durfte. Ist das gerecht??

fullsizeoutput_324

fullsizeoutput_325

M2E86L238-238R379B320

M2E76L225-225R406B328

M2E76L225-225R406B328