Die Wildnis – auch sehr schoen

Also, nun habe ich doch etwas Bedenken, nach Oncles Kommentar und einigen emails: Es ist nicht so schlimm, wie es sich vielleicht liest. Es IST sehr anders. Und auch sehr schoen. Der Sternenhimmel ist „priceless“, es riecht immer lecker, nach feuchtem Busch und nach Holzfeuer, und wenn ich gleich von der Arbeit komme, nach Haehnchen im Braeter (den ich, liebe Anette und Stefan, immer mehr zu schaetzen weiss!!!). Gereon schlachtet naemlich so nach und nach die widderlichen Vielkraeher – schliesslich will man im Wald auch mal seine Ruhe haben. Dennoch haben wir immer noch die bunteste Huehnermischung aller Zeiten, hochinteressant. Es gibt Dorisses (Days, wegen ihrer blonden toupierten Haarfrisur), es gibt welche mit Puschelhosen, ein ganzes Sortiment fast klon-artig aehnlicher Kueken und jede Menge mit Puscheln auf dem Kopf, was uns zeigt, wie fleissig der kleine weisse Seidenhahn ist – wenn ihn nicht der dicke Chefhahn scheucht. Ein Kueken scheint allerdings dem Sperber zum Opfer gefallen zu sein.

Zora hat beschlossen, das mit dem Wachhundjob dranzugeben. Sie schlaeft einfach, bestenfalls geht sie noch zum Eingang des Stangengebaeudes und scheint zu gucken, was der kleine Hund meint, aber der schlaeft ja fest im Schlafsack im Camper – also Bellen Fehlanzeige. Letzte Nacht war es sehr lustig: Ein Kojoten-Trueppchen kam offensichtlich die Strasse lang. Den Geraeuschen nach hatten sie in einer Kojotenbar kraeftig einen getankt, ihr Gesinge wurde immer schraeger und lauter, je naeher sie kamen (zu und zu schade, dass wir das alles nur hoeren, aber nie sehen koennen). Zora schwieg. Ploetzlich brach auch der Kojoten-Chor abrupt ab, bis auf zwei Beschwipste Nachsinger. Da hoerten wir den kleinen Hund zornig aus dem Camper klaeffen – schliesslich gibt es eine Sperrstunde, und die hatten die Jungs offensichtlich ueberschritten. Sowas kann der kleine Hund nicht durchgehen lassen :-)) Und das beeindruckt sogar besoffene Kojoten. Zora jedoch schwieg weiter… und ging wieder in ihr Bett, was aus einem Stapel noch nicht untergebrachter Klamotten besteht. Ihre gemuetlich ausgestattete Hundekiste verschmaeht sie.

So bin ich nun etwas intensiver auf der Suche nach einem Hof-Wachhund – was gaebe ich fuer einen schoenen, charakterfesten Hovawart. Doch das gibt’s hier nicht. Immer mehr liebaeugele ich mit den grossen weissen: Pyrenaeenberghunden, Akbash, Maremma, Komondor, sowas. Wenn sie mir nicht auch immer ein bisschen Angst machten. Und 10 Ziegen eigentlich viel zu wenig fuer deren Kapazitaet ist. Mal schauen. Der Nachbar hat Komondor-Pyrenaeen-Bordercollie-Mixe (jeder mischt hier ja, so gut er kann). Aber er sagt, die bellen viel. Will man ja auch nicht, nur Geklaeffe. Und wandern soll es nicht, das will Gereon nicht. Ausserdem ist der Verkehr selbst fuer ein bisschen wandern zu gefaehrlich.

Meine Kueche hat inzwischen 2 Fenster, sieht richtig niedlich aus. Allerdings immer noch nur eine Wand. Doch manchmal gibt es auch prima Sachen, so kanadische, meine ich. Den kaputten Kompressor fuhr ich zurueck in die Stadt, ohne natuerlich den Beleg gefunden zu haben, und er wurde mir anstandslos ersetzt, gegen eine kleine Draufzahlung, fuer die ich einen etwas groesseren mitgebracht habe, den Gereon sowieso viel lieber haben wollte, und so wird nun wieder fleissig getackert und genagelt. Gestern aber ist uns dann der Sprit fuer den Generator ausgegangen, d.h. eigentlich fuer den dicken Truck, auf dem Weg zum Sweathouse Tower, einem Waldbrand-Wachturm. Wunderschoen gelegen. Mussten wir aber den Kanister anbrechen, der eigentlich fuer den Generator war. Nun habe ich noch zwei Kanister gekauft. Das sind jetzt so die Prioritaeten: Holz fuer den Ofen (der prima waermt), Sprit fuer Generator und Autos, Handy-Batterie geladen halten, Lebensmittel baerensicher verstauen, Milchgeschirr so sauber wie moeglich halten, Tiere satt und getraenkt halten, uns selbst warm halten und trocken, wann immer moeglich. UND: haushalten mit dem Tageslicht. Man lernt schnell, was alles nicht mehr gut geht, wenn es kein Licht gibt, bzw. nur Kerzen, die im Wind leider bloede flackern. So gehen wir jetzt etwas frueher ins Bett und stehen nicht so ganz frueh mehr auf, nuetzt ja nix – und ist sehr gemuetlich. Ach ja, und gern essen wir auch dreimal taeglich warm, schadet nix, haelt Leib und Seele zusammen und waermt.

Natuerlich sind wir wahrscheinlich inzwischen bekannt wie die bunten Hunde. Jeder, mit dem ich spreche, weiss von uns, als den Leuten, die „in einem Zelt wohnen“. ich sag dann immer, wir wohnen nicht in einem Zelt, weil, ein Zelt hat Waende, und wir haben keine. Ich stelle mir immer vor, wie sie ueber uns reden, die bekloppten Deutschen, denken, sie koennen was Kanadisches machen. Wir sind guter Hoffnung, dass am Wochenende der isolierte Raum fertig ist, und dann kommen die weiteren Waende fuer die Kueche, und dann kommt – oh Segen der Zivilisation – hoffentlich das Outhouse. Sogar Gereon beklagte sich heute morgen, als er mal wieder mit dem Spaten in den Busch zog. Ich hab mich inzwischen prima gewoehnt, man mag gar nicht mehr so ein muffiges Klo besuchen… Doch wind- und regendicht, eventuell sogar beleuchtet – das waer schon nett!

Schoen ist auch, faellt mir gerade ein, dass jetzt Gaense und Kraniche ziehen – zu Hunderten. Faszinierend. Unter den Gaensen habe ich neulich auch eine Gruppe (schneeweisser, logisch) Schneegaense gesehen, sehr huebsch.

Leider hab ich die Ladegeraete immer noch nicht gefunden. Daher nach wie vor keine Bilder. Und leider verlaesst mich am Freitag mein Spinnrad – die freundlichen Ausleiher wollen es selbst nutzen. Dann hab ich noch die Spindel, das geht auch. Hab sowieso keine Zeit fuer so’n Schnickschnack (leider!).