Sommer mit Spaetzuendung

8:08, ich sitze drinnen, aber draussen scheint schon wieder die Sonne aus einem immer blauer werdenden Himmel. Sie beleuchtet Birken, die schon gelb werden (teilweise durch freundliche Hilfe der Ziegen…). Und den Dugout, auf dem immer mehr Blaetter schwimmen. Noch liegt das Thermometer im Schatten, das vorgestern nachmittag 30 Grad anzeigte. Meine Marktmenschen meinten gestern, es sei noch waermer draussen. Der Markt ist gluecklicherweise nicht so heiss. Die Hitze braeuchte ich ja nicht, aber August/September sind trotzdem glaube ich die schoensten Monate fuer mich. Nachdem es den ganzen Sommer ueber fuer viele und vieles zu kalt und zu nass war (ausser z.B. fuer den Klee, der in meinem Garten alles ueberwuchert hat), holt das Wetter jetzt einiges nach. Die Bienen bringen rein, was noch soeben geht, doch die Honigernte neigt sich ihrem Ende zu. Noch eine Schleuderung, und wenn wir dann Glueck haben, koennen wir so gerade eben alle Auftraege erfuellen. Dieses Jahr haette ich wahrscheinlich soviel Honig wie noch nie verkaufen koennen – wenn ich ihn denn haette! Es ist eine Schande. Ich wuenschte mir so sehr einen juengeren, dynamischen imkereiinteressierten Menschen mit einer Vision. Dem wuerde ich einen Bauplatz anbieten und ihn/sie dem Chef als Geschaeftspartner praesentieren, denn allein kommen wir hier nie weiter, aber ich bin sicher, dass da Potenzial ist fuer ein Geschaeft, das mehr als zwei Menschen ernaehren kann. Der Chef hat so wenig Zeit im Moment, weil naemlich trotz allgemeiner grosser Skepsis, was die wirtschaftliche Entwicklung angeht, in seiner Firma gerade mal Boom herrscht. Ueberstunden, Samstagsarbeit sind gerade angesagt. Das laesst mich befuerchten, dass auch dieser Sommer voruebergehen wird, ohne dass wir nennesnwerte Fortschritte im und ums Haus machen. Fast ist es ein Glueck, dass einer unserer alten kleinen Inverter den Geist aufgegeben hat und der andere alte zu klein ist. So habe ich kurzerhand einen „anstaendigen“ Inverter bestellt, wie ihn naemlich Katrin und Adam, die „Stromangeber“, haben. Waer doch gelacht, wenn all das Ueberstundengeld nicht sinnvoll ausgegeben werden koennte.

Walter aus Deutschland macht auch Ueberstunden, was ihn aber nicht gehindert hat, am letzten Wochenende mit Frau Sabine hier anzureisen und mit dem Chef Brennholz zu machen. Bergeweise. Schoen! Das gab mir auch eine Gelegenheit, meinen neuen Tupperware(!) Pattymaker auszuprobieren. Die Hausfrau, die was auf sich haelt, produziert mit Hilfe einer solchen kleinen Hackfleisch-Form gleichmaessige Plattfrikadellen, die dann prima auf standardisierte Hamburger-Broetchen passen. Letztere hatten wir nicht, da haben wir improvisiert. Aber geschmeckt hat’s trotzdem. Unseren Feuerplatz haben wir in letzter Zeit oft genutzt, im Haus wird es einfach zu heiss, wenn ich den Holzofen anschmeisse, und der Gasherd vor der Tuer macht mir gar keinen Spass. Hinzu kommt, dass der Chef ja fuer sein Leben gern zuendelt. Der kleine Hund passt gern auf das Feuer auf.

Am 1. September hatten wir einen guten ersten Frost! Das Auto war gleichmaessig glasiert, doch zum Glueck hatten wir im Garten die Bohnen und Tomaten abgedeckt. Jetzt tut das Wetter so, als ob es kein Froestchen produzieren koennte. Dennoch mutierte mein Garten ja aufgrund der Regenfaelle zu einer Kleeplantage, ohne erwaehnenswertes Wachstum irgendwelcher essbaren Dinge, und so habe ich kurzerhand beschlossen, ich beteilige mich an einer CSA = Community Supported Agriculture. In Deutschland ist sowas wohl eine Gemuesekiste bzw. ein Gemueseabo oder so aehnlich. Hier kommt das Gemuese von einer einzigen Familie, die bisher nur Erdbeeren und ein paar Gemuese zum Selbsternten hatten, U-Pick genannt. Dieses Jahr haben sie den Abo-Versuch gestartet, und anscheinend laeuft es gut. Ich jedenfalls fuehlte foermlich, wie mir eine Last von den Schultern glitt, als ich die erste Lieferung in Empfang nahm. Gekocht wird jetzt, was in der Kiste bzw. den Kisten ist. Es ist schoen zu wissen, dass alles wirklich aus der „Nachbarschaft“ kommt, Loewens leben bei Crooked Creek, also nur etwa 20 Minuten von Valleyview. Vor einigen Wochen hatte ich schon eimerweise Erdbeeren genossen, und als ich gestern meine Kiste aufmachte, lag obenauf noch ein kleines Beutelchen mit mehr Erdbeeren – welcher Luxus. Wir haben Mais, Babykartoeffelchen, natuerlich Zucchini, Erbsen, Bohnen, Koehle aller Art, Zwiebeln, Rueben – you name it! Kostet 25 Dollar in der Woche. Und gefaellt mir so gut, dass ich allen Ernstes ueberlege, ob ich ueberhaupt noch einen Garten versuchen will. Loewens sind auch experimentierfreudig, es bestuende also Hoffnung auf Sellerieknollen, Lauch und Fenchel…

Jetzt kommt auch wieder der Obstlaster aus B.C. zu Margaret. Morgen z.b. mit Tomaten, Zwiebeln, Paprika, Melonen, Nektarinen, Aepfeln etc.pp.. Ich habe mutig vier Kisten Tomaten bestellt, damit ich die gleich zu Tomatensauce verarbeiten kann. Muss das Rezept noch suchen… Ausserdem stehen schon seit letzter Woche Pfirsiche und Nektarinen in der alten Kueche, die eigentlich in Glaeser sollten.

Koennte aber passieren, dass ich demnaechst wieder kurzfristig in der Tierarztpraxis arbeite. Karla naemlich wird aufhoeren und hat schon jetzt keine Mitarbeiter mehr, muss aber noch auf einen Nachfolger warten. Bis der kommt, koennte ich einspringen. Und ein bisschen Taschengeld verdienen. Karla und ihre Familie werden dann in die direkte Nachbarschaft ziehen, was eventuell neue Perspektiven eroeffnet. Man denkt an einen kleinen Gartenbaubetrieb, an eine Hundepension, an einen Naturlehrpfad, … Finde ich alles spannend und wuerde mich bei dem einen oder anderen Projekt gern einklinken.

Wenn ich nur wuesste, wie ich hier noch jemanden hinlocken koennte, der sich auch im Busch selbstaendig machen will… Ideen gaebe es zuhauf.