Emma reitet wieder!
Naemlich einen Traktor. Hier reitet man so etwas ja auch, wie auch ein Fahrrad…
Es hat sich so einiges hier getan seit dem letzten Bericht. Ich bin Teilzeitherrin ueber so etwa 150 Kuehe, die ich aber glaube ich noch nicht alle gesehen habe. Mein Job ist es, diese Kuehe in Abwesenheit des Bauern, Nachbar Jim, zu fuettern, die Traenken zu kontrollieren, die Huehner zu versorgen und den Hund. Ausserdem Alarm zu schlagen, wenn es im Haus ploetzlich kalt sein oder aehnliche Unannehmlichkeiten eintreten sollten. Im Gegenzug dafuer habe ich einen Dienststall, einen Diensthund, theoretisch einen Diensttruck und eine Dienstwohnung! Im Dienststall, hier Barn genannt, habe ich die Ziegendamen untergebracht. Raus aus dem Wetter. Einfach zu versorgen. Dafuer haetten sie mir dankbar sein sollen. Sind sie aber nicht. Sie finden es immer noch so gar nicht schoen in der Luxus-Unterkunft. Und ich ueberlege tatsaechlich, ob ich sie, wenn erstmal der Maennerueberschuss in der Truhe ist, nicht wieder gen Norden umziehen soll. Zu meinen vier Damen sind sechs Heimkehrer gekommen: Irinel hat mir ihre Hoernermaedels bis irgendwann im naechsten Fruehling uebergeben, weil die Familie umzieht und derzeit wenig Zeit und Platz fuer die ganze Bande hat.
Der Diensthund ist Dundee, ein Red Heeler (nehme ich mal an). Dundee ist sehr diensteifrig, wie sich das gehoert. Anfangs war mein Job noch sehr theoretisch, und Dundee hat mir immer nur im Corral nebenan, ohne meinen Einfluss oder mein Kommando, vorgefuehrt, was er so alles kann. Kuehe auf einen Klumpen treiben. Kuehe durch ein Tor wandern lassen, in Ecke, in eine andere Ecke, zurueck durch das Tor. Das geht mit einem ganzen Trupp, aber auch zum Beispiel mit dem durchaus beeindruckenden nachtschwarzen Bullen als Solonummer bzw. Pas de Deux. Vor Dundee hat man bittesehr Respekt. Haben die Kuehe, hat die Katze, nur die Ziegen, die haben’s noch nicht akzeptiert… Leider weiss ich nicht, mit genau welchen Kommandos Jim seinen Hund steuert, also arbeitet Dundee ein wenig unabhaengig. Aber heute habe ich zum ersten Mal allein gefuettert, und da fand ich ihn schon klasse. Zum Beispiel habe ich das Tor geoeffnet, und Dundee hat dann klar gemacht, dass man als Kuh da bitte nicht durchgeht. Und dass man gefaelligst auch mir als Fussgaengerin Platz macht. Das hat mir ziemlich gut gefallen. Insgesamt habe ich heute 12 Rundballen durch die Gegend kutschiert. Manche im Zweierpack, manche einzeln. Und 1A in die Rundraufen abgeladen. Jawoll. Zwei sogar in so eine grosse Rechteckeraufe, gleichzeitig und zielgenau. Ich fand mich zieeemlich klasse. Dundee hat mich bei jeder Tour begleitet, wobei er auch immer noch Zeit fuer ein eigenes Projekt findet und hin und wieder im Wald verschwindet oder einen geringfuegig anderen Weg geht, weil es anscheinend wichtige Dinge zu erledigen gibt. Und dann sind wir noch quer ueber die Wiesen, durch den Wald und ueber eine Heuwiese bis fast an den See getuckert, um nach der Traenke bei der dritten Gruppe Kuehe zu schauen. So ein richtiges kleines Treckertourchen (es gibt kein oe-ue, oder?). Als wir aus dem Wald auf das grosse Heufeld kamen, stand da eine Gruppe von zwoelf Hirschen (das waren mal dreizehn, das weiss ich, denn der Herr Chef hat einen rausgeschossen, der ist jetzt in unserer Truhe). Dundee nahm Mass und beschloss, dass die zusammengetrieben und irgendwohin gehoerten. Und ab ging die Post, im weiten Bogen, so dachte er sich anscheinend, um die Hirsche rum und dann Richtung Traktor oder Corrals oder was weiss ich wohin mit ihnen. Hirsche lassen sich aber nicht gut hueten, das haben wir dann beide schnell verstanden. Sind einfach zu flott, die Dingerchen. Wissen nicht, was sich gehoert, wenn Dundee angeflogen kommt.
Theoretisch mache ich diese Tour zur dritten Abladestelle mit dem Diensttruck, aber der im Moment mit dem Bauern unterwegs, weil er mit dem anderen einen Hirsch gerammt hat und jetzt ohne linkes Licht ist. Der Dienststruck ist dann jetzt endlich mal ein Dodge, so ein richtiges Cowboyauto. Der zugehoerige Spruch, gern als Aufkleber auf solchen Dodges, die in der dicken Truck-Version Ram heissen, ist: What I can’t dodge, I ram.
Und der Traktor ist natuerlich ein John Deere. Ich habe mal gezaehlt: hier auf dem Hof bin ich auf fuenf oder sechs gekommen, davon zwei solche Monsterteile mit acht Raedern. Und alle fahrtuechtig. Der, mit dem ich im Moment fahre, ist praktisch garagengepflegt oder wie das immer so schoen heisst. Zwar nicht neu, aber bestens in Schuss. Mit funktionierender Tuer, Heizung, Hydraulik, Licht, komplett gepolstertem Sitz (!!) und ueberhaupt. Sogar einen Rueckspiel gibt’s. Und die meisten Knoepfchen bzw. Drehregler haben eine Hase- und eine Igelstellung eingeteilt! Das gilt nicht nur fuer die Geschwindigkeit, sondern auch – zu meinem grossen Erstaunen – fuer die Scheibenwischer und das Geblaese (beides uebrigens funktioniert!!) Das ist schon ein bisschen anders als meine Sommergefaehrte – aber Spass macht beides. Wer weiss, vielleicht ist Treckerfahren meine Berufung. Macht schoen locker in der Huefte…
Na, und dann bietet sich mir jetzt die Moeglichkeit, die viele Albertaner nutzen: Ich kann fuer den Winter in den Sueden gehen. In meinem Fall zwar nur vier Kilometer und nicht viertausend oder so. Aber Sueden nichtsdestotrotz. Die Frau des Bauern hat ein kleines Haeuschen mit in die Ehe gebracht, das ungenutzt rumstand und mich schon lange rief. Durch unseren Deal habe ich nun eine sehr nette Rueckzugsmoeglichkeit. Es gibt zwei funktionierende Tueren, gute Fenster, einen Pioneer Maid Kuechenherd, der gleichzeitig auch ausgezeichnet heizt, einen pflegeleichten Laminatfussboden, eine Einbaukueche, Einbaukleiderschraenke, eine vorinstallierte Solaranlage, leider im Moment mit demolierten Batterien und ohne Panels, einen Wassertank (!), den ich aber nicht nutze. Ich sag’s euch, luxurioese Sachen!
So, und jetzt froene ich meiner neuen Feierabendsucht und spiele noch ein bisschen Solitaire…