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50 Farben Grau

 

IMG_20160422_132747So sieht der Himmel im Moment aus, und heute morgen hat es sogar ein bisschen geregnet und geschneit. Plus fuenf Grad, wirklich usselig, aber im Moment durchaus willkommen. Wir braeuchten Regen, Regen, Regen! Kaum zu glauben fuer den Durchschnitts-Oberberger, aber hier ist es super-trocken. Die Feuerturm-Frau, Megan, erzaehlte, dass diese Gegend hier im letzten Winter nur 60% der ueblichen Niederschlaege bekommen hat, und weil normalerweise der Winter die Zeit ist, in der praktisch die Speicher aufgefuellt werden, koennte es ziemlich bloed werden, wenn da nicht noch was kommt. Dazu ist es aber windig, so dass die Feuertuerme auf hohem Risiko sind und Megan den ganzen Tag in der Kuppel sitzen muss. Sie hatte schon zwei Feuer zu melden, und eines davon entstand, als ein Bauer mit der Egge ueber’s Feld fuhr, einen Stein traf, der einen Funken schlug – und schwuppididu, stand der ganze Acker in Flammen! So kann’s gehen!

Gestern war es nicht grau, sondern blau und sonnig, wenn auch windig. Nach einem schoenen Morgen-Kaffee bei der Nachbarin – man hat sich nach 6 Monaten viel zu erzaehlen – verbrachte ich den ganzen Nachmittag im Garten, wo ich immerhin vier von fuenf Hochbeeten auf Vordermann gebracht habe. Eines ist sogar schon mit Glas abgedeckt, denn ich will saeen. Megan hat bereits so einiges in der Erde, und ich will jetzt auch loslegen. Hochbeete haben den Vorteil, dass sie schweinesicher sind und relativ leicht huehnersicher gemacht werden koennen.

IMG_20160422_124126Natuerlich tut mir jetzt der Ruecken weh… Das kommt von der mangelnden Uebung. Die merkte ich auch, als ich eben Kochhoelzchen hackte.

IMG_20160422_123936Die Axt doppelt so schwer wie in Deutschland, die Hoelzer doppelt bis dreimal so unhandlich. Aber mir ist nach Kuchen! Und die Truhe muss umgewaelzt werden, da habe ich noch tausendjaehriges Obst gefunden, das wird jetzt verarbeitet, zusammen mit den Milliausen von Eiern, die es um diese Jahreszeit ja immer gibt. Heute morgen habe ich allerdings einen Raben beobachtet, der sich ganz nah an die Lamas traute. Ich sah dann, dass er ein Off-Limits-Nest im Gras gefunden hatte und nach und nach alle Eier wegtrug. Spaeter musste ich ihn scheuchen, denn da war er offensichtlich hinter den relativ frischen Kueken her, der Knilch. Ich habe ihm erklaert, dass der Chef da inzwischen nicht lange fackelt und schon ein Rabe auf diese Tour sein Leben gelassen hat. Hoffentlich hat er das begriffen!

So, los geht’s. Ofen heizen, Butter erweichen, Eikes aufschlagen, ach, und erst Mehl mahlen.

Blick von der Sanatoriumsliege

Nachdem es mir immer noch nur wenig besser geht, hat der Chef mich nach draussen vefrachtet. Einen Spaziergang musste ich dankend ablehnen, aber frische Luft an einem warmen, sonnigen Plaetzchen kann mal immer nicht schaden.
Meinen Plan, in Kanada sofort mit dem vielen guten Essen aufzuhoeren, halte ich‎ problemlos ein. Immerhin gab’s heute zum ersten mal Elchhacke, die wird mich bestimmt wieder zu Kraeften bringen.
Es ist Bienenschwirren in der Luft, und vom Teich hoere ich die Froesche anscheinend auf ihren Kaemmen musizieren.‎ Die Weidenkaetzchen sind in Bluete, und den Aspenknospen fehlen nur noch ein paar warme Tage. Die sind schon angekuendigt, mit bis zu 26 (!) Grad. Ueber mir spielt ein Rabe im Wind: Fluegel einklappen, drehen, Fluegel wieder raus, Pause, von vorne. Einfach, weil er’s kann und weil’s Spass macht.

OK, zwei Moskitoren habe ich auch schon gemoerdert. Laestige Dinger.

Schoen ist…

… wenn nach 6 Monaten Abwesenheit noch eingekochte Aprikosen da sind, von unserer super-netten Towerfrau mit unserem Tower Honey zubereitet. Die esse ich jetzt zu meinen Haferflocken. Drauss‎en, ihr dachtet es euch schon, scheint die Sonne und der Himmel ist blau mit nur hauchdünnen Woelkchenschleiern. Mir ist aber immer noch zu elend, als dass ich Wanderungen unternehmen koennte.

Optimistisch

Hatte ich doch schon vor Wochen Saatgut bestellt, und jetzt kribbelt es schon in meinen Fingern. Allein die Tuetchen machen mich froehlich. Diesmal habe ich auf Verträglichkeit mit unserem Klima geachtet, also kurze Vegetationsperiode und eher kalt – obwohl das zur Zeit so gar nicht stimmt.

Heilende Huehnersuppe

Die brauche ich jetzt aber auch. Offensichtlich habe ich mir auf den letzten deutschen Druecker noch eine ordentliche Grippe eingefangen, die den sowieso schon doofen Flug noch doofer machte, jedenfalls fuer mich. Dabei war das Flugzeug niegelnagelneu und schoen, und es flog ohne zu rumpeln mitten ueber Groenland (leider unter Wolken) geradewegs nach Calgary. Witzigerweise traf ich noch in Frankfurt Detlef, einen alten Freund aus Gereon’s Koelner Leben. Er hatte seine Familie in Deutschland besucht und stieg nun mit ein. Die Welt ist klein!
Den Flug ueberstand ich leicht komatoes, wahrscheinlich fiebrig, und hustend. Den zweiten Flug ebenso. Noetig ist sowas nicht. Aber es scheint, dass Grippostad ein bisschen hilft.
Geschlafen habe ich um meine Hustenanfaelle herum ganz gut, nur aufstehen kann ich kaum. Das Umfuellen der abgeholten guten Jerseymilch war eine schweißtreibende Anstrengung, und auch das Essen der Heilsuppe am Tisch bringt mich an meine Grenzen. Also liege ich, gepflegt abwechselnd von Kitty-Katzi, Trudy und dem kleinen Hund. Und lausche den Haehnen, den Raben und der Stille. Die wie immer ueberwaeltigend ist! Und Sterne gab’s, unglaublich!

Nennt mich ruhig wankelmuetig!

Heute naemlich finde ich das schoene Wetter superschoen! Das hat allerdings auch gute Gruende. Nachdem, wie erwartet, die vorletzte Nacht richtig uebel war (das Thermometer auf der Westseite kletterte auf 45!), unertraeglich heiss und dazu von viel zu vielen Haus-Moskitos bevoelkert (der Chef behauptet, er habe gar nicht geschlafen, aber ich hab ihn schnarchen hoeren…), war offensichtlich der Druck gross genug, und gestern wurde flinko-flugso eine so genannte screen door gebastelt, und zwar durch Recyceln der alten, nunmehr fast ausgedienten Sperrholztueren. Ausserdem und sicherheitshalber verbrachte ich die Nacht unterm Moskitonetz, das zwar ein bisschen vergraut, aber dicht ist. Was fuer ein Unterschied. Heute morgen wurde mir sogar ein bisschen frisch nur unter einem Laken, so dass ich zur (Woll)decke greifen musste. Das einzige Problem mit dem Netz sieht man auf dem Foto: Katzen wollen rein, und Trudi ist leider ziemlich grobmotorisch mit ihren Krallen. Bis jetzt ist alles heile geblieben, und als ich heute morgen ausgeruht erwachte, wehte ein frisches Lueftchen, das sich den ganzen Tag gehalten hat. Das bedeutet, dass auch draussen die Moskitos nicht gut geradeaus fliegen und erst recht nicht zielen koennen – so ein Glueck!

IMG-20130703-00817 IMG-20130703-00821 IMG-20130703-00818Und so bin ich frueh mit den Hunden losgezogen, um unseren Schilderwald noch bunter zu machen. Da denkste, du bist im Wald, aber Schilder gibt’s – kaum zu glauben. Wir hatten von unserem Kreis schon vor zwei Jahren Schilder bekommen (ich denke, ich hatte berichtet), weil wir ein No-Spray-Agreement haben, also eine Vereinbarung, dass entlang unseres Grundstueckes die Strassengraeben nicht mit Herbiziden totgesprueht werden. Gleich im ersten Jahr hatte das ja auch so gar nicht funktioniert, und ich fuehrte es schon damals darauf zurueck, dass auf den Schildern ganze Romane zu lesen waren. Im zweiten Jahr wurde wahrscheinlich wegen Personalmangels gar nicht gespritzt. Sollte uns auch recht sein. Dann gab es die Ankuendigung, dass man neue Schilder bekomme. Aber nur zwei pro Grundstueck, und unser Land liegt ja auf beiden Seiten der Strasse. Die zusaetzlichen Schilder muss der Landbesitzer kaufen, allerdings recht preisguenstig.

IMG-20130703-00812 IMG-20130703-00811Der beste Witz ist fast das Stopschild, steht es doch an eigentlich nur an einem Weidezugang fuer Nachbar Albert. Aber wat mutt, dat mutt, und Stopschilder gehoeren dazu.

Am Strassenrand blueht jetzt ueberall der Suessklee, in gelb und manchmal auch in weiss, der Klee honigt wie bloede und man riecht ihn ueberall. Das bedeutet, so sagt der Chef, dass wir wahrscheinlich naechste Woche Honig schleudern muessen. Nicht, dass ich geistig-seelisch dafuer schon bereit waere.

IMG-20130703-00808Das obere Foto ist deswegen bemerkenswert, weil die Sonne im Juli bis auf den Unterwuchs scheint. Normalerweise tut sie das nicht, aber fast alle Aspen in diesem Stueck Wald sehen so aus wie die kahle Krone im unteren Foto, abgefressen von Raupen. Diese Raupen (Gattung Malacosoma), so genannte Tent Caterpillars, kommen alle sieben bis zwoelf Jahre in Riesenmengen vor, bis die Population wieder fuer ein paar Jahre zusammenbricht. Jetzt ist gerade wieder so eine Spitzenzeit, und auf dem Weg nach High Prairie sehen weite Strecken Wald wie im Winter aus, voellig abgenagt. Bei uns geht es, und ich glaube, der Gipfel ist ueberwunden, in den Baeumen haengen viele Kokons.

IMG-20130703-00809IMG-20130703-00807Der kleine Hund (weiter vorn klein im Bild) und ich waeren ja sehr dafuer, wenn wir das Land rechts vom Weg (und auf dem anderen Strassenfoto beiderseits der Strasse) auch noch kaufen koennten…

So, morgen ist Markt, und ich gehe jetzt mal in den Garten. Giessen.

North Country Fair 2013

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Was fuer ein Unterschied zu 2011! Strahlender Sonnenschein fast den ganzen Samstag, den wir, MJ und ich, auf der North Country Fair verbrachten. Noch besser als die Musik fand ich – wie auch beim letzten Mal – das People-Watching, Leute-Gucken. Einfach wunderbar.

Es gab Menschen aller Formen, Farben und jeden Alters. Eine alte Dame mit ihrem Elektro-Rolli musste hin und wieder angeschoben werden, wenn der Rolli die kleinen Erhebungen nicht schaffte. Einige aeltere Herren haetten sich vielleicht vor einigen Jahrzehnten besser ueberlegen sollen, wie es aussieht, wenn sie – nur mal so als Beispiel – mit einem Stones-Sticky-Fingers-Tattoo auf der weissen, wabbeligen Brust rumlaufen. Auffaellig war, dass Kilts eindeutig „trenden“. Vor zwei Jahren gab es ein paar wenige, dieses Jahr bestimmt ein Dutzend. Das Gelaende war bis jetzt wunderbarerweise von der allgegenwaertigen Raupenplage verschont geblieben, und den Moskitos muss jemand mit der Chemiekeule zu Leibe gerueckt sein, denn es gab keine. In diesem Fall wollten wir ueber den Chemieeinsatz ausnahmsweise nicht klagen.

IMG-20130622-00744 IMG-20130622-00775 Big Lakes-20130622-00773 IMG-20130622-00779 IMG-20130622-00749 IMG-20130622-00747 IMG-20130622-00745 IMG-20130622-00760 Big Lakes-20130622-00771 IMG-20130622-00781 IMG-20130622-00762 Big Lakes-20130622-00769 Big Lakes-20130622-00774 IMG-20130622-00756 IMG-20130622-00754 IMG-20130622-00753 IMG-20130622-00752 IMG-20130622-00784 Big Lakes-20130622-00786Schoen war’s!

Zu Hause haben wir noch bis halb zwoelf am Feuer gesessen, dann wurden uns die Moskitos trotz vieler Klamotten und Sprayeinsatz zu dolle. Das Foto ist von 23 Uhr.

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Ich wollte SO eine Bruecke!

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Hab extra diese wunderbare Zeichnung gemacht! Die beiden (ZWEI, in Zahlen 2) Maenner, die damit beschaeftigt sind, beschieden mir unabhaengig voneinander, aber uebereinstimmend, dass man erst mal den unteren Teil bauen werde. Und dann legten sie los, der Herr Chef und Reto, der Schweizer Zimmermann, der uns – ein bisschen wie ein Lottogewinn – ins Haus geflattert ist. So wird jetzt tagsueber gebaut, Heu geholt, Brennholz gemacht, waehrend trotzdem der Chef noch Bares verdienen gehen und ich Tiere und Haushalt versorgen kann (letzteres – na ja…) Am liebsten wuerde ich Retos Pass einziehen, aber das ist wohl leider verboten oder zumindest unanstaendig.

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Zwischendurch mussten der Chef und ich  mal schnell nach Edmonton, unsere Reisepaesse neu beantragen. Auch dort gibt es Baustellen, aber nicht so schoen wie unsere. Wohneinheiten, direkt an der Whyte Avenue, direkt an der Bahnlinie. Gereon sagt natuerlich: WER will denn DA wohnen?

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Immerhin aber sassen wir gleich nebenan im Restaurant Under the High Wheel, neben dem netten Bioladen Blush Lane und genossen Bangers and Mash (Bratwuerstchen, Kartoffelpueree, Spiegeleier – fuer den Chef natuerlich) und Borschtsch und ein Salattrio, dazu Wasser aus schoenen Flaschen und um uns herum so viele anders aussehende Menschen, dass es sogar Gereon auffiel. Sowohl der Bioladen als auch das Restaurant befinden sich in einem Gebaeude, in dem es lauter interessante Dinge gibt, Roots on Whyte. Es geht also schon was Nettes, wenn sich nur das rechte Publikum einfindet. Aber wohl eher nicht in Valleyview…

Aber wenn ich erstmal meine Bruecke habe, dann vermiete ich die fuer Hochzeiten, mit Moskitobegleitung, und dann werde ich reich und dann bauen wir auch ein Community Centre – waer doch nett, oder? Bis dahin pussele ich weiter hier vor mich hin und versuche, dieses Jahr wenigstens wieder einen Gemuesegarten zu haben. Neben mir stehen immerhin schon vier Tomatenpflaenzchen und noch einiges andere essbare Gruenzeugs. Der Himmel ist blau, Reto holt Heu, Tom Waits singt, und ich mach mir jetzt mal noch ne Kanne Tee. Vor uns liegt das May Long Weekend, Montag ist also frei, und es hat sich mehr Besuch angekuendigt. Freut euch am Fruehling, wie ich hoere, regnet es in Deutschland schon wieder…

So gehoert es!

Feuer (fuer die „Gemuetlichkeit“ und gleichzeitige Entsorgung von ueberschuessigem Holz im Garten), Rotwein, Eis zum Nachtisch (Maple Walnut leider schon wieder alle!), blitzeblauer Himmel, schwirrende Schnepfen, Fischadler mit Abendessen (ein Fisch – wer haette das gedacht?) im Ueberflug, Robins, Cowbirds, andere unerkannte Voegel noch mitten im Konzert, zufriedene Tiere und Mann (so hofft die Frau) – life is good!

Wasser schneiden

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Die Gewinnung von Brauchwasser tritt mal wieder in ihre „interessante“ Fruehlingsphase: Der Schnee sackt zusammen, was ihm pro Kubikmeter sicher mehr Wassergehalt gibt. Gleichzeitig aber kann man ihn nicht mehr so einfach mit der Schuessel in den Topf schaufeln. Also schneide ich ihn mit einem grossen Messer in Quader. Und weil schon bald Mai ist, muss ich immer weiter laufen, um einigermassen sauberen Schnee zu finden. Es ist erstaunlich, was so alles aus den Schornsteinen rausfliegt – der Schnee bzw. die wenigen Schneereste direkt vorm Haus haben eine Russschicht, haesslich.

Ich wuerde, weil es tagsueber kaum noch friert, gern wieder mit dem Tank Wasser holen, aber der Hof ist eine derartige Matschewueste, dass ich zum einen Sorge habe, mich festzufahren, zum anderen auch das dickere Fahrzeug vom Herrn Chef so umgebaut wurde, dass ich es nicht so ganz einfach zum Wasserholen nutzen kann und mein schoener dicker Bus ja verschrottet werden musste. In solchen Situationen sind Morgenfroeste der reinste Segen, dann ist die Matsche begeh- und befahrbar.

Um mich zu troesten, denke ich dann immer an all die Frauen, die mit sowas schon vor mir oder auch immer noch zu kaempfen haben, dabei aber nicht in der Lage sind, sich im Internet zu beklagen oder einfach zur Nachbarin zu fahren, und sei es, um gemeinsam zu jammern.