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Emma rides again!

Emma reitet wieder!

Naemlich einen Traktor. Hier reitet man so etwas ja auch, wie auch ein Fahrrad…

Es hat sich so einiges hier getan seit dem letzten Bericht. Ich bin Teilzeitherrin ueber so etwa 150 Kuehe, die ich aber glaube ich noch nicht alle gesehen habe. Mein Job ist es, diese Kuehe in Abwesenheit des Bauern, Nachbar Jim, zu fuettern, die Traenken zu kontrollieren, die Huehner zu versorgen und den Hund. Ausserdem Alarm zu schlagen, wenn es im Haus ploetzlich kalt sein oder aehnliche Unannehmlichkeiten eintreten sollten. Im Gegenzug dafuer habe ich einen Dienststall, einen Diensthund, theoretisch einen Diensttruck und eine Dienstwohnung! Im Dienststall, hier Barn genannt, habe ich die Ziegendamen untergebracht. Raus aus dem Wetter. Einfach zu versorgen. Dafuer haetten sie mir dankbar sein sollen. Sind sie aber nicht. Sie finden es immer noch so gar nicht schoen in der Luxus-Unterkunft. Und ich ueberlege tatsaechlich, ob ich sie, wenn erstmal der Maennerueberschuss in der Truhe ist, nicht wieder gen Norden umziehen soll. Zu meinen vier Damen sind sechs Heimkehrer gekommen: Irinel hat mir ihre Hoernermaedels bis irgendwann im naechsten Fruehling uebergeben, weil die Familie umzieht und derzeit wenig Zeit und Platz fuer die ganze Bande hat.

Der Diensthund ist Dundee, ein Red Heeler (nehme ich mal an). Dundee ist sehr diensteifrig, wie sich das gehoert. Anfangs war mein Job noch sehr theoretisch, und Dundee hat mir immer nur im Corral nebenan, ohne meinen Einfluss oder mein Kommando, vorgefuehrt, was er so alles kann. Kuehe auf einen Klumpen treiben. Kuehe durch ein Tor wandern lassen, in Ecke, in eine andere Ecke, zurueck durch das Tor. Das geht mit einem ganzen Trupp, aber auch zum Beispiel mit dem durchaus beeindruckenden nachtschwarzen Bullen als Solonummer bzw. Pas de Deux. Vor Dundee hat man bittesehr Respekt. Haben die Kuehe, hat die Katze, nur die Ziegen, die haben’s noch nicht akzeptiert… Leider weiss ich nicht, mit genau welchen Kommandos Jim seinen Hund steuert, also arbeitet Dundee ein wenig unabhaengig. Aber heute habe ich zum ersten Mal allein gefuettert, und da fand ich ihn schon klasse. Zum Beispiel habe ich das Tor geoeffnet, und Dundee hat dann klar gemacht, dass man als Kuh da bitte nicht durchgeht. Und dass man gefaelligst auch mir als Fussgaengerin Platz macht. Das hat mir ziemlich gut gefallen. Insgesamt habe ich heute 12 Rundballen durch die Gegend kutschiert. Manche im Zweierpack, manche einzeln. Und 1A in die Rundraufen abgeladen. Jawoll. Zwei sogar in so eine grosse Rechteckeraufe, gleichzeitig und zielgenau. Ich fand mich zieeemlich klasse. Dundee hat mich bei jeder Tour begleitet, wobei er auch immer noch Zeit fuer ein eigenes Projekt findet und hin und wieder im Wald verschwindet oder einen geringfuegig anderen Weg geht, weil es anscheinend wichtige Dinge zu erledigen gibt. Und dann sind wir noch quer ueber die Wiesen, durch den Wald und ueber eine Heuwiese bis fast an den See getuckert, um nach der Traenke bei der dritten Gruppe Kuehe zu schauen. So ein richtiges kleines Treckertourchen (es gibt kein oe-ue, oder?). Als wir aus dem Wald auf das grosse Heufeld kamen, stand da eine Gruppe von zwoelf Hirschen (das waren mal dreizehn, das weiss ich, denn der Herr Chef hat einen rausgeschossen, der ist jetzt in unserer Truhe). Dundee nahm Mass und beschloss, dass die zusammengetrieben und irgendwohin gehoerten. Und ab ging die Post, im weiten Bogen, so dachte er sich anscheinend, um die Hirsche rum und dann Richtung Traktor oder Corrals oder was weiss ich wohin mit ihnen. Hirsche lassen sich aber nicht gut hueten, das haben wir dann beide schnell verstanden. Sind einfach zu flott, die Dingerchen. Wissen nicht, was sich gehoert, wenn Dundee angeflogen kommt.

Theoretisch mache ich diese Tour zur dritten Abladestelle mit dem Diensttruck, aber der im Moment mit dem Bauern unterwegs, weil er mit dem anderen einen Hirsch gerammt hat und jetzt ohne linkes Licht ist. Der Dienststruck ist dann jetzt endlich mal ein Dodge, so ein richtiges Cowboyauto. Der zugehoerige Spruch, gern als Aufkleber auf solchen Dodges, die in der dicken Truck-Version Ram heissen, ist: What I can’t dodge, I ram.

Und der Traktor ist natuerlich ein John Deere. Ich habe mal gezaehlt: hier auf dem Hof bin ich auf fuenf oder sechs gekommen, davon zwei solche Monsterteile mit acht Raedern. Und alle fahrtuechtig. Der, mit dem ich im Moment fahre, ist praktisch garagengepflegt oder wie das immer so schoen heisst. Zwar nicht neu, aber bestens in Schuss. Mit funktionierender Tuer, Heizung, Hydraulik, Licht, komplett gepolstertem Sitz (!!) und ueberhaupt. Sogar einen Rueckspiel gibt’s. Und die meisten Knoepfchen bzw. Drehregler haben eine Hase- und eine Igelstellung eingeteilt! Das gilt nicht nur fuer die Geschwindigkeit, sondern auch – zu meinem grossen Erstaunen – fuer die Scheibenwischer und das Geblaese (beides uebrigens funktioniert!!) Das ist schon ein bisschen anders als meine Sommergefaehrte – aber Spass macht beides. Wer weiss, vielleicht ist Treckerfahren meine Berufung. Macht schoen locker in der Huefte…

Na, und dann bietet sich mir jetzt die Moeglichkeit, die viele Albertaner nutzen: Ich kann fuer den Winter in den Sueden gehen. In meinem Fall zwar nur vier Kilometer und nicht viertausend oder so. Aber Sueden nichtsdestotrotz. Die Frau des Bauern hat ein kleines Haeuschen mit in die Ehe gebracht, das ungenutzt rumstand und mich schon lange rief. Durch unseren Deal habe ich nun eine sehr nette Rueckzugsmoeglichkeit. Es gibt zwei funktionierende Tueren, gute Fenster, einen Pioneer Maid Kuechenherd, der gleichzeitig auch ausgezeichnet heizt, einen pflegeleichten Laminatfussboden, eine Einbaukueche, Einbaukleiderschraenke, eine vorinstallierte Solaranlage, leider im Moment mit demolierten Batterien und ohne Panels, einen Wassertank (!), den ich aber nicht nutze. Ich sag’s euch, luxurioese Sachen!

So, und jetzt froene ich meiner neuen Feierabendsucht und spiele noch ein bisschen Solitaire…

Jetzt kann der Winter (fast) kommen

Nicht, dass man jemals wirklich fertig waere fuer den albertanischen Winter, der sich da im Wetterbericht ankuendigt, jedenfalls nicht hier bei uns, aber das Groebste scheint geschafft: Jurte ist abgebaut, wenn auch noch nicht ganz verstaut. Heu liegt ja schon laenger unter Dach. Stroh ist bestellt und liegt abholbereit. Die Schweine haben einen „neuen“ Stall! Um synergistische Effekte nutzen zu koennen, habe ich kurzerhand die Haelfte des Huehnerstalls abgetrennt und mit Schweinebettzeug gefuellt. Das Tuerchen existierte bereits letztes Jahr, aber da war Ludwig sehr unzufrieden mit der Tatsache, dass die Huehner auf seiner Bettumrandung sassen und ihm auf den Ruecken kackten. Das duerfte jetzt unmoeglich sein, ausserdem ist mehr Platz zum Umdrehen im Bett, ist ja wichtig. Ludwigs einziges Problem im Moment ist das „Einschliefen“. Aufgrund seiner im Sommer immer zunehmenden Leibesfuelle tut er sich etwas schwer mit dem Tuerchen. Raus ist recht einfach, aber rein muss er auch noch eine kleine Stufe ueberwinden, und das ist nicht einfach fuer ein Schwein von seinem Format. Lili macht das natuerlich alles mit Bravour, sie ist schlank und fit. Der Huehnerkopf, der unten ueber der Trennwand zu sehen ist, gehoert zu einer Henne, die da auf 7 Kueken sitzt. War mir beim Brueten durch die Lappen gegangen, und als ich sie entdeckte, wollte ich die Eier auch nicht mehr umkommen  lassen. Ein Kueken ist gestorben, aber die restlichen sieben sind fidel. Ich fuettere ihnen Vitamine A, D und E zu, damit sie hoffentlich die sonnenarmen Tage schadlos ueberstehen. Unsere Huehnerherde ist naemlich aus ungeklaerten Ursachen von 16 auf 14 geschrumpft. Ein Huhn lag tot im Stall, ich befuerchte, durch Ziegeneinwirkung. Eines ist einfach futsch, da war womoeglich Frau Haak im Spiel, die uns ja letztes Jahr schon so einige Huehner abgenommen hatte und die der Chef wieder gesichtet hat. Jedenfalls ist ein bisschen Verstaerkung bzw. Verjuengung durchaus wuenschenswert. Von den Schweinen als Untermieter erhoffe ich mir eine gewisse Heizwirkung.

Und die Fundamentloecher wurden gebohrt, die Stuetzen reingestellt, der Beton gegossen, d.h. mit Schubkarren verfrachtet. Das Bohren war natuerlich, nicht ganz unerwartet, etwas komplizierter, weil es wieder der freundliche Nachbar  mit dem Bobcat erledigte und nicht der Unternehmer, der so etwas hauptberuflich und haeufig macht. So gab es Probleme mit dem Geraet, und es mussten Teile in Valleyview geholt werden. Also nix mit 1 Stunde Arbeit. Auch sieht der Stuetzenwald nicht so gerade aus, wie sich das der Chef sicher gewuenscht haette. Aber wenn ein Teil der Hilfe zu spaet eintrudelt und es ausserdem keinen Masterplan gibt, was will man erwarten?! Der Chef scheint jedenfalls nicht unzufrieden, das ist die Hauptsache.

Schoener Mist!

Das koennte ich mit viel Wohlwollen ueber das Ergebnis unserer letzten Aktion sagen. Es war naemlich so:

Die Ziegen ueberwintern, -fruehlingen, -herbsten ja seit unserer Ankunft hier am Snipe Lake in einer von uns immer Ziegenperk (nachfolgend „Perk“ genannt…) genannten Einfriedung mit Zugang zu zweieinhalb Haeuschen und einem Dachueberstand. Immer mal wieder hat der Chef in muehevoller Spaten- und Grabgabelarbeit einiges von dem sich ansammelnden Mist ueber den Zaun in den Garten geschaufelt. Ich auch, aber ich finde das schrecklich kreuz-schmerzlich. Dennoch sahen wir natuerlich schon laenger keinen Grund mehr. Schon im Fruehjahr, ich glaube auch schon letztes Fruehjahr, hatte ich den kuehnen Plan, einen Unternehmer mit einem Bobcat zu bestellen, um den ganzen Mist rauszuschaufeln, so wie das die Bauern hier auch immer mit ihren Corrals machen. Der Chef war aber nicht einverstanden, er will letztendlich diesen Perk dem Garten zuschlagen und die Ziegen umquartieren. Geschah aber in diesem Sommer nicht. Und vor kurzem bot „Nachbar“ Dusty (20 Minuten entfernt, Zur-Verfuegung-Steller unserer besten Bienenplaetze) seinen kleinen Skidsteer (Bobcat) an im Tausch gegen Schweissarbeiten. Der Chef sah die Moeglichkeit, richtig Geld zu sparen. Letztes Wochenende lud Dusty das Ding dann hier ab und wies mich in die groben Details des Betriebes ein.

Und dann ratterte ich los. Liess sich auch ganz spassig an. Man kann da auf einer relativ kleinen Flaeche umdrehen, und das Buddeln und Abladen macht schon Laune. Nach relativ kurzer Zeit geriet ich aber an meine Grenzen. Mist aus vier Jahren ist ganz schoen kompakt! Und nach dem sehr nassen Sommer ist der Untergrund schmierig wie Seife. Und was nicht kompakt genug ist, wird von den Ketten umgewuehlt. Rolfs Devise damals in DeBolt war ja immer: No ruts! Aber jetzt haben wir welche. Ich also gab nach zwei Tagen auf und rief Chris und David an, die auch sofort zur Hilfe eilten. Nach einem weiteren halben Tag des intensiven Arbeitens erklaerte David, der ja professionell jahrelang einen Raeumer gefahren hat, dass es wirklich nicht einfach sei und der Boden eben sehr schmierig. Ich habe dann noch den Unternehmer bestellt, den ich eigentlich haben wollte, und auch sein Urteil war: zu nass. Versucht spaeter noch mal, vielleicht, vielleicht geht es, wenn alles ein bisschen abgetrocknet ist. Samstag rief dann Dusty an, um sich zu erkundigen nach dem Fortschritt der Arbeiten. Als er meinen Frust abgehoert hatte, machte er sich kurzentschlossen auf den Weg, um mit Gereon das mal eben fertig zu machen. Nachts um 11:30 haben die beiden Feierabend gemacht. Dusty sagt, er arbeitet normalerweise bis Mitternacht, nur wenn etwas superwichtig ist, macht er laenger. Aber am Samstag haben sie dann halt schon um halb zwoelf sich fuer den Rest des Tages freigenommen. Fertig geworden sind sie nicht. Das Ergebnis sieht so aus und gibt mir arg zu denken.

Ich befuerchte, die Bilder werden dem ganzen Ausmass der Verwuestung gar nicht gerecht. Die Spurrinnen sind leicht einen  halben Meter tief… Dusty reiste uebrigens mit seinem neuesten Gefaehrt an:

Emma treckerte weiter

Jetzt bin ich so weit hintenan, da muss ich die „wichtigen Mitteilungen“ in Stueckchen schneiden. In chronologischer Ordnung also zuerst ein kleines Emma-Update: Heu ist gemacht, und meine bestellten Ballen liegen nunmehr unter zwei Planen bei mir am Haus. Das ist ein gutes Gefuehl. Dennoch kommt es mir schon wieder wenig vor, und mein Ziegenfutter-Sicherheitsbeduerfnis hat mich vorsichtshalber noch weitere 10 Rundballen reservieren lassen. Schliesslich habe ich dank meines persoenlichen Einsatzes ein Vorkaufsrecht.

In Stunden gerechnet, habe ich eine fast normale kanadische Arbeitswoche auf dem Treckersitz verbracht, knapp 60 Stunden. Und dabei, ich muss jetzt mal angeben, knapp 100 Hektar gemaeht, auf Wellen geschlagen und teilweise gepresst. Ein grosser Spass!! Ohne weitere Vorkommnisse, bis auf die Tatsache, dass mir doch einmal im Eifer des Gefechts der Wellenschlaeger verloren ging – tztztz. Das lag aber natuerlich nicht an irgendwelchen Maengeln in meinem Fahrstil, sondern war eher durch die „Kanadisch-Keit“ der Anhaengerkupplung bedingt. Hatte ich nicht schon berichtet, dass es da gewisse Schwaechen gab, will sagen, ein dicker Bolzen ohne Splint sollte das jeweils angehaengte Geraet vor Ort halten? Das geht auch – wenn man eine prima glatte Wiese hat. Aber wer hat die schon? Mein letzter Tatort jedenfalls war ziemlich puckelig, und ich habe auch einen ganzen Haufen beste Wackersteine eingesammelt, jeden Wolf koennte man damit prima beschweren. Und so tuckerte ich frohen Mutes und mutterseelenallein auf „meiner“ wunderbaren Heuwiese den Berg hinan, hinter mir semi-perfekte Wellen von noch weniger perfektem Heu schlagend, da aenderte sich ploetzlich das Geraeusch, das ich durch meine leuchtorangenen Ohrstoepsel vernahm. Ich blickte mich um, und siehe da, mein Wellenschlaeger (wie heisst das Ding denn nun eigentlich offiziell in Deutschland, hier heisst es Rake, und so nenne ich es jetzt, weil das ein kuerzeres Wort ist), jedenfalls, also der Rake hatte sich vom Traktor getrennt und parkte nun mit der Nase im Dreck ein paar Meter hinter mir. Mit meiner Erfahrung jedoch konnte mich das nicht mehr bangemachen – schliesslich hatte ich eine Idee, wo der Rueckwaertsgang war. In einem Praezisionsmanoever fuhr ich also die Anhaengerkupplung in das dafuer vorgesehene Maul, das ich auf ziemlich exakt die korrekte Hoehe hochgekurbelt hatte, haengte die Hydraulikschlaeuche ordnungsgemaess ueber den mir von Marvin fuer so einen Zweck beschriebenen merkwuerdigen Haken, amuesierte mich ueber das abgerissene Spanngummi, das ich aber – kanadisch – in der Wiese liegen liess, steckte den nicht weit gefallenen Bolzen wieder in die Kupplung und tuckerte weiter. Nach einigen Metern fiel mir auf, dass die Zahnraeder, die uebrigens bei meinem Einsatz ziemlich karioes geworden sind, zu tief standen. Ich waehlte aus meinen milliausen Hydraulikhebeln, insgesamt zwei, den richtigen, um sie anzuheben, aber nichts geschah. Und da daemmerte es Emma: Hydraulikschlaeuche gehoeren in dieser Geraetekombination nicht auf merkwuerdige Haken, sondern angeschlossen. Aaaahhh! Doch auch das focht mich nicht an, hatte Marvin mir schliesslich erklaert, wie ich und wo ich die Dinger anzuschliessen haette. Also wieder angehalten an einem guenstigen Ort (weil ich naemlich es nicht schaffte, die Handbremse zu betaetigen, musste ich eine ebene Stelle anpeilen), Hydraulikschlaeuche in die vorgesehenen Nupsis geschoben. Aber das ging nicht. Ich habe probiert und probiert, aber nichts tat das, was Marvin mir erklaert hatte. Also rief ich seine Frau an, die mich troestete, er sei nunmehr wieder unterwegs zum Heufeld. Und waehrend er mit dem dicken Truck durch die Reihen angeknattert kam, fiel mir das Problem auf: Ich hatte ein Teil verloren! Schade eigentlich. Damit hatte ich naemlich eine Situation geschaffen, die man als die „Nadel im Heuhaufen“ bezeichnen koennte. Ein Glueck, dass ich das abgerissene Spanngummi liegengelassen hatte. Das fand ich naemlich beim Abschreiten der Welle, und direkt dabei, wenn auch unterm Heu verborgen, entdeckten wir das Adapterteil. Alle Teile wieder verbunden, nix kaputt, und weiter ging das. Marvin sagt, das zaehlt trotzdem als Erfahrung. Na bitte!

Am letzten Abend haben wir dann noch im schwindenden Licht Ballen gepresst und gestooked (Maryjane meint, so schreibt man es). Im vorigen Beitrag war ein Foto von dem Stooker, einem Uralt-Teil aus Rohren und Brettern, auf dem Marvin hinter der Presse hergezogen wurde und die fertigen Ballen entgegennahm, sie auf eine Laengskante in die vorgesehenen Oeffnungen stellte und jeweils nach 10 Ballen einen kleinen Fusshebel trat, der das Ganze abgleiten laesst. Die Idee ist, dass sie so zum einen ein bisschen besser einen moeglichen Regenschauer aushalten und – und das habe ich deutlich gemerkt – das Aufladen natuerlich viel einfacher ist, weil man nur jeweils einen Zehnerpacken anfahren muss. Aussehen tut das so:

Nun habe ich die kleine Hoffnung, dass ich doch diesen Herbst noch auf den bereits erwaehnten dicken John Deere komme, den mit den acht Raedern. Es muss naemlich gescheibeneggt werden, und Marvin hat zugesagt, dass ich auch noch mal drankomme. Ein bisschen denke ich aber, dass er den ganzen Spass fuer sich haben will… I’ll keep you posted 🙂

Amuesiert euch ruhig!

Wie ich vernehme, amuesieren sich einige von euch ueber Emma Noltes Erlebnisse. Das ist gut. Emma hat inzwischen, wahrscheinlich aufgrund ihres fuer NW-albertanische Verhaeltnisse extrem guten Ausbildungsstandes als Traktorfahrerin, bereits mehrere, allerdings nicht ganz ernst gemeinte Arbeitsangebote. Marvin sagt, so was haette er schon befuerchtet: kaum bildet man die Leute ordentlich aus, werden sie einem weg-engagiert. Tja. Aber ich bin eine loyale Mitarbeiterin und so werde ich wohl auch gleich wieder losziehen. Zwar hat es ja geregnet letzte Nacht, aber anscheinend nur wenig, und heute morgen hat ein frisches Windchen den Himmel schon blau geputzt und wahrscheinlich auch das Heu getrocknet.

Am Sonntag waren wir mit Walter und Sabine erst auf der Heuwiese, wenigstens schon mal gut 100 Ballen nach Hause holen. Das hat prima geklappt. Und danach, bzw. nach Kaffee und Kuchen, sind wir dann Richtung Biberteich gezockelt. Diese Naturfuehrungen vom Herrn Hoe., die haben es in sich. D.h. in erster Linie hatten wir nachher Wasser in Schuhen und Stiefeln. Der Wald ist jetzt wunderschoen: Ueberall bluehen blaulila Astern, dazwischen Goldrute und andere gelbe Bluemchen. Der Boden ist uebersaet mit Beeren aller Art. Unser Weg fuehrte uns durch einige ziemlich gute Blaubeerstellen. Ausserdem waechst ueberall kanadischer Hartriegel, das ist so eine kleine Pflanze, die man in Deutschland, wahrscheinlich fuer gutes Geld, in den Gaertnereien als Bodendecker kaufen kann. Hier deckt sie den Boden fuer umsonst und beschert uns jetzt bueschelweise kleine, orange-rote Beeren – sehr huebsch. Ausserdem gibt es High Bush Cranberries – nichts anderes als Schneeballbeeren, aus denen man ein schoenes, saeuerliches Gelee machen kann, wenn man denn Zeit bzw. einen Eimer bei sich hat. Das Gras steht manns- bzw. fraushoch, weil es immer noch so sehr feucht ist. Der kleine Hund war streckenweise nur noch an der Grasbewegung auszumachen, und an der Leine geschwommen ist er auch mal. Wasser findet er naemlich gut, so lange es unten ist. Dann springt er hemmungslos in jede Pfuetze. Regen dagegen ist unbeliebt. Emmi findet das ja genauso: Biberteiche sind zum Plantschen da. Die Biber uebrigens finden diesen Sommer wahrscheinlich superklasse. Ausbaumoeglichkeiten ohne Ende, und sie werden gut genutzt. An jeder Ecke gibt es neue Lehmdaemme, an denen anscheinend noch heftig gebaut wird.

Dies ist glaube ich mein Lieblingswetter. Ach, und die Moskitos sind auch merkwuerdigerweise weniger. Die Libellen schwirren immer noch zu vielen um uns herum, wenn wir abends schon mal am nunmehr offiziell genehmigten Feuerplatz sitzen. Jetzt hoert man auch wieder Gaense, die mit ihrem Teenies fliegen ueben. Ein bisschen wehmuetig macht einen das schon, der Sommer ist so gut wie vorbei, und ein bisschen graust mir immer vor dem Winter. Obwohl – laengst nicht so sehr wie in Deutschland.

Gestern abend habe ich alte Beitraege von mir gelesen, aus dem ersten Winter hier in Sunset House. Da war ich aber noch optimistisch, du meine Guete! Das Leben lehrt einen dann manchmal etwas anderes. Noch nicht mal die Schaukel habe ich jemals bekommen. Von den anderen Annehmlichkeiten ganz zu schweigen. Aber die Sonne scheint, neben mir knackt das Kaetzchen, draussen zanken sich die idiotischen Ziegenmaenner (bis einer weint, ich sage es euch, da bricht noch mal ein Horn ab!), und ich, ich esse Dark Chocolate Dreams, von der Peanut Butter & Co., und zwar mit dem Messer direkt aus dem Topf, jawoll! Die Freuden des mehr oder minder Solo-Lebens (der Herr Hoe. isst das naemlich nicht so gern, sind keine Kartoffeln drin…)

Und jetzt haltet mir die Daumen, dass dieses letzte Heu wenigstens mit nur einem Regenguss reinkommt!

 

… aka Emma Nolte

Ich bin sozusagen befoerdert worden. Auf einen Traktorsitz. Und nenne mich nunmehr die kanadische Emma Nolte. Und das kam so:

Erst war irgendwie kein Sommer. Regen, Kaelte, der Garten wurde nix, die Bienen flogen nicht, keiner konnte Heu machen. Und dann, wie das ja oft geht, kam alles auf einmal. Es wurde warm und sonnig, im Garten waechst der Klee wie bloede – das Gemuese natuerlich nicht, vor lauter Klee. Al the appleman kam mit der ersten Fuhre, so dass ich einmachen musste. Und zwischendurch Brot backen. Tomaten hab ich auch schon geerntet, Bild ist nix geworden. Die Bienen wurden hektisch, denn der Klee, dem der Regen bis dahin sehr gut gefallen hatte, stand nun ueberall zur Verfuegung. Und dann sprach Marv, mein Heulieferant, mit dem Herrn Chef darueber, dass er so spaet sei mit dem Heu und dass er eigentlich Hilfe braeuchte, und der Herr Chef bot mich als Leiharbeiterin an. Jedenfalls habe ich mir das so zusammengereimt. Und nu fahr ich Trecker! Ach, der Herr Lieblings-Nachbar waere stolz auf mich. Irgendwie muss ich ihm noch ein Bildchen zukommen lassen. Der Weg zum tatsaechlichen Fahren war natuerlich etwas holperig. Schliesslich ist dies Nordwest-Alberta, neue Traktoren sind nicht die Norm. Morgens frueh um 6 stand ich also auf der Heuwiese und wurde von Marv eingewiesen in die Feinheiten des Case-Traktors (Baujahr geschaetzt 1975) und des Maehwerks (im Baujahr wahrscheinlich irgendwie passend). „Wir tauschen jetzt erstmal ein paar Messer aus!“ *gruselgruselgrusel* Das Maehwerk ist, anders als ich das aus Deutschland kannte, so ein breites Teil mit geschaetzt acht kleinen Kreiselmaehern drin. Dahinter laeuft eine Walze, die das Maehgut knickt, damit es nicht platt auf dem Boden liegt und somit besser trocknen kann. Gewendet wird hier ueblicherweise nicht. Der Messeraustausch erwies sich schon als schwierig. Nix passte zusammen, aber Marv, ein guter Albertaner, hatte noch ein paar eigentlich ausrangierte Messer, die er aber natuerlich nicht weggeworfen hatte („I hate to throw things out.“ Waer‘ ich nie drauf gekommen…) und die zwar nicht mehr gut, aber irgendwie noch brauchbar waren. Dann erklaerte er mir – gefuehlt – 100 Schmiernippel, die alle unterschiedliche Mengen Fett zu unterschiedlichen Zeiten bekommen mussten. Aus einer Fettpresse, die nicht mehr so wirklich funktionierte. Fuer die zweite, luxurioesere Presse fehlte aber gerade mal die Batterie. Nun ja. Als alles „repariert“ und geschmiert war, bestiegen wir das aeusserst komfortabel eingerichtete Fuehrerhaus. Es gibt Klimaanlage in Form von fehlenden Scheiben seitlich, sehr hilfreich. Der ergonomisch ausgezeichnet gestaltete Sitz war in Wirklichkeit gar nicht so unbequem. Heute weiss ich naemlich, dass der zweite Trecker noch ganz andere Dinge zu bieten hat. Auf meine Frage nach dem Sinn und Zweck eines Spanngummis von der Kupplung zum Traktorrahmen erfuhr ich, dass das die „Rueckholfeder“ fuer das Kupplungspedal sei, andernfalls funktioniere das nicht. Ah ja. Und dann donnerte Marv mit mir los. Es gibt drei Gaenge und drei Bereiche und siebentausend Hebel fuer die PTO (ich weiss nicht mehr, wie diese Welle auf deutsch heisst), und dann noch die Hydraulik, die ein bisschen undicht ist und und und. Nur die Bremse, die lernte ich erst spaeter kennen, denn „die benutze ich eigentlich nie“. Vor meiner ersten Selbstfahrerrunde warnte Marv nochmals, dass die Kupplung ein bisschen interessant sei und liess mich dann auf das Gras los mit den Worten: „Let ‚er buck!“ – Na, das hab ich dann auch getan. Mit einem Riesensatz knatterten wir ins Geschehen! Oh boy, wie peinlich! Aber inzwischen kann ich das Ding anfahren, ich sag’s euch, butterweich! Ach, und auch in die diversen Kurventechniken wurde ich eingewiesen. Linksrum ist schwierig, rechtsrum geht auf einem Untertaesschen, relativ gesehen, aber man muss hoellisch aufpassen, dass man das Maehwerk, wenn man sich schon so fortgeschritten fuehlt wie ich nach zwei Stunden, bei den schwungvollen grossen Linkskurven nicht in den Busch knallt – das kaeme nicht so gut. Irgendjemand hat es schon vor mir mit den Zaunpfaehlen ausprobiert, das konnte ich sehen. Kurven- ebenso wie Geradeausfahrten werden dadurch interessanter gemacht, dass die Lenkung ungefaehr eine Lenkradumdrehung Spiel hat. Da ist schon eine gewisse strategische Planung vonnoeten, um da abzubiegen, wo man das wirklich will. Ich ertappte mich dabei, dass ich am ersten Tag so schrecklich konzentriert fahren musste, dass ich beim Wiedereinbiegen auf die Maehspur immer blinken wollte… Einen Blinker habe ich aber da natuerlich nicht. Und auch nur einen schwierigen Rueckspiegel. Den haette ich lieber etwas besser gehabt, denn zu den systemimmanenten Herausforderungen kam dann noch der Nachbarshund, der es sehr witzig fand, neben, vor und hinter Traktor und Maehwerk herumzulaufen, vor mir oft so, dass ich ihn gar nicht mehr sehen konnte. Nix fuer meine schwachen Nerven. Und das ist der Hund, den wir neben dem Auto herlaufen hatten etwa anderthalb Kilometer weit mit knapp 40kmh, d.h. muede machen konnte ich den nicht. Aber als ich Dienstag abend nach Hause fuhr, lebte er noch. Ich war naemlich schlau und habe mir fuer meinen zweiten und dritten Arbeitseinsatz ein Halsband und eine lange Kette mitgenommen und den – sehr netten – Hund im Schatten an einen Baum gebunden. Er hat was von meinem „Pausenbrot“ abbekommen und schien gar nicht so ungluecklich.

Steine habe ich beim ersten Maeheinsatz so einige gefunden, gluecklicherweise sind mir Hirschkaelber erspart geblieben. Und ich hoffe, dass das so bleibt. Stattdessen habe ich bestimmt Millionen Heuschrecken zu Invaliden gemacht, diverse Maeuse getoetet und damit viele Raben und kleine Falken froehlich und satt gemacht. Auch eine Schneeeule und ein Kojote haben meine Maehspur begleitet. Die Heuschrecken sind heutechnisch meine direkten Konkurrenten, die fallen inzwischen in grossen Mengen ueber die Wiesen her, und es wird allerhoechste Zeit, dass das Gras zu Heu wird. Andererseits – Sommer in Alberta ist jetzt in meinem Kopf bestimmt fest verbunden mit dem unverwechselbaren Klicken der Heuschreckenfluegel, wenn sie durch die Gegend fliegen. Und wenn man sie mal unvoreingenommen anschaut, sind sie eigentlich schoen. Es gibt dunkelrote Hinterbeine, gelbe Fluegelunterseiten, irgendwo ist noch was knallrotes, und sie haben interessante Gesichter. Ueberhaupt fand ich also den Heueinsatz, insgesamt bis jetzt gut 20 Stunden, sehr nett. Es hat was, so frueh am Morgen ueber dem dunstigen Tal zu stehen, die Luft ist frisch, die Moskitos sind zwar schon da, aber auf dem Traktor erwischen sie einen nicht. Am dritten Tag hatte ich dann auch endlich Ohrstoepsel, so dass die betraechtliche Geraeuschkulisse etwas gedaempft war.

Tja, und jetzt hat es auf mein wunderbares Heu geregnet. Letzte Nacht gab es rundum fette Gewitter, wir selbst hatten hier nur etwa einen viertel Inch, aber Marv berichtete heute morgen, dass suedlich von ihm noch der Hagel auf den Feldern liege. So werde ich dann heute nicht in die Geheimnisse des Wellenschlagens eingeweiht. Vielleicht morgen. Und dann auch die Rundballenpresse. Die finde ich ein bisschen unheimlich, denn die laeuft hinter dem anderen Traktor, siehe unten. Heute aber Heu-Pause. Macht insofern nix, als der Chef unterwegs ist, Honig zu ernten. Am Dienstag naemlich, als ich nach acht Stunden Maehen heimkam, ging es gleich weiter mit der Honigschleuder. Es wurde eine Nachtschicht, und im direkten Vergleich muss ich sagen: Treckerfaaahn ist schoener. Klebt nicht so. Aber knapp 400 kg Honig sind im Tank, und heute kommen sicher noch mal 250 kg oder so. Ist dringend noetig, denn wir haben Auftraege fuer mindestens eine Tonne!

Gestern abend, als sich schon die Gewitterwolken auftuermten und fuer einen dramatischen Sonnenuntergang sorgten, durfte ich dann den anderen Traktor ausprobieren, der vom Feld nach Hause geholt werden musste. Marvs Frau ist – „She picked the right time…“ – fuer eine Woche weg, und so fehlt immer irgendwo ein Fahrer. Der andere Traktor ist ein alter International, erinnerte mich irgendwie an ganz fruehere Zeiten. Und ist graesslich. Aber jetzt hat er die Zaehne im Getriebe frisch geputzt, dafuer hab ich gesorgt. Hat ihm nicht gefallen, hat arg geknirscht, aber wat willste machen? Schalten ist ja bekanntlich kein Geheimnis… Da besteht der Sitz z.B. nur noch aus den Metallfedern, voellig ohne so eine ueberfluessige Polsterung. Kann auch nicht so heiss werden, sagt Marv. Wohl wahr! Und die Lenkung hat eher so zwei Umdrehungen Spiel. Dafuer aber einen schicken Kurbelknopf, den man auch dringend braucht. Auch hier war wieder ein Spanngummi im Einsatz, es hielt den Bolzen fuer die Anhaengerkupplung vor Ort – „Ach, das faellt nicht ab, hat es ja bis jetzt auch nicht getan…“ Die Tuer ging in Rechtskurven auf, in Linkskurven zu, alles automatisch… Aber bei Marv auf dem Hof, da stand dann der dicke John Deere, mit acht Raedern. Ich muss wohl irgendwas in meinem Blick gehabt haben, jedenfalls fragte er: Willste den mal gern fahren? – Klar, das wuerde mir Spass machen! Vielleicht kann ich das mal noch tun. Ins Fuehrerhaus bin ich jedenfalls schon geklettert. Das hat eine richtige Tuer, sogar mit Schloss! Und Klimaanlage, Radio, Licht, Geblaese, alles – und lt. Marv funktioniert sogar ALLES. Das reinste Wunder. Da kaeme dann hinten so ein Monster-Scheibenpflug dran oder so was. Ich glaube, ich stell schon mal einen Antrag, dass ich da mal mit spielen darf.

Nebenher kann ich noch berichten, dass ich fuer eine Woche eine sehr nette Hilfe hatte, die aber leider schon wieder weg ist. Und jede Woche Markt, der gerade intrigen-geschuettelt ist. Das ist etwas ganz neues fuer mich, und als Marktleiterin stehe ich natuerlich an vorderster Front und direkt in der Schusslinie. Weswegen ich nun auch schon auf Facebook mit haesslichen Namen bedacht wurde. Interessant. Aber Maryjane sagt: That, too, shall pass. Geht alles vorueber.

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Zur Abwechslung mal: Winter

Ehrlich, manchmal schwirrt mir der Kopf von lauter tollen Sachen, hoechst geistreich, amuesant und auch womoeglich noch lehrreich – die koennte ich euch alle aufschreiben, wenn ich die Zeit haette oder es nicht einfach wieder vergaesse. Aber heute war ich so ein Braves, habe den ganzen, na, fast den ganzen Tag an den Steuern gesessen (oh, Herr Schu., wie fehlst mir du…) Steuererklaerungen sind ja nicht so mein liebster Zeitvertreib. Ich ordne sie ebenso unter S ein wie Spuelen, Saubermachen, Staubsaugen. Nicht jedoch wie Skilaufen. Obwohl das vielleicht ein etwas hochtrabender Ausdruck ist fuer das, was ich mir dann in meiner wohlverdienten Mittagspause gegoennt habe. Weil naemlich ja immer noch Winter ist, habe ich kurz entschlossen auf unserer „alten“ Farm angerufen und gefragt, ob ich wohl die damals mir zur Verfuegung gestellten Langlaufskier, schon rot, erwerben koenne. Man sah da gar kein Problem. („Wir haben viel mehr Ski als wir Beine haben.“ – Das wusste ich, auf die Erkenntnis hatte ich gehofft 🙂

Auf der Farm begruesste mich in altgewohnter Anschleimermanier der inzwischen ziemlich betagte Puppinger. Nicht schlanker geworden, aber froehlich wie eh und je – wie schoen! Abendgegessen mit den beiden verbleibenden Herren, lange gequatscht und dann mit roten Skiern, seltsamen Schuhen und leicht demolierten Skistoecken heim.

Gleich der erste Ausflug bescherte mir das Gegenteil von einer Bauchlandung. Gut, dass hier nicht so irre viel Verkehr ums Haus und auf der Strasse ist, da will man ja nicht bei beobachtet werden. Heute dann ein zweiter Versuch, meine athletischen PS auf den Schnee zu bringen. Soll ja alles der Blutdrucksenkung dienen… Schon der kleine „Abhang“ vor der Jurte versetzte mich in leichte Panik, aber ich hab’s geschafft, in Zeitlupe. Dann die Schneeschuhspur entlang Richtung erster Biberteich. Da war wieder so ein kleiner Abhang – gruselig. Ich bin quer gestakst. Auch hier: Wie gut, dass mich niemand sah (hoffe ich jedenfalls, es gab naemlich ziemlich frische Spuren von etwas mit Pfoten, das anscheinend neben sich etwas hergeschleift hatte, das womoeglich nicht mehr in der Lage war, seine Pfoten oder Vogelfuesse zu benutzen). Buckelige Schneeschuhspur ist nicht so wunderbar. Aber ich bin dann kurzerhand abgebogen auf den ersten Biberteich, wo ja saemtliche Buckel und auch kleinen Straeucher im Tiefschnee verschwunden sind, der sich fuer mich Super-Ski-As anfuehlt wie eine leicht gepuderte Betonpiste. Vor allem voellig ohne irgendwelche Neigungen nach oben oder unten. Sehr schoen. Mit zwar sehr schmalen, aber zwei Meter langen Fuessen sinkt selbst so ein zartes Wesen wie ich praktisch nicht ein. Und es hat was, so in der Stille ueber den Biberschneeteich zu gleiten. Mehr Spuren von Pfoten und Knacken im Wald liessen mich dann umkehren – bei dem harten Schnee will man niemanden ans Laufen bringen. Auf dem Rueckweg wollte ich ueber unseren Ziegenzaun klettern, von dem nur noch ein bis zwei Draehte aus dem Schnee gucken. Dabei verlor ich einen Ski – und gucke da: Die Betonpiste traegt nur lange oder breite Fuesse, nicht aber mich mit einem Schuh. Weg war ich bis ueber’s Knie. Doof. Doch immer noch: Gut, dass mich niemand sehen konnte.

Bilder gibt’s natuerlich von sowas nicht, ist auch besser so.

Heute morgen war’s zur Abwechslung mal wieder minus 30. Der fuer vorgestern angekuendigte Winter Storm war ein leeres Versprechen, die 10-20 cm Schnee haette ich ja gern gehabt, wenn auch ohne den Wind und nicht alle auf einmal. Aber gekommen sind vielleicht 3 cm, und gluecklicherweise kein Wind. Nur diese minus 30, die haetten sie dann auch behalten koennen. Ende Januar war es ja so warm, dass der Dugout oben drauf antaute und daraufhin die Raender einbrachen. Davon gibt’s Bilder.

Auch wollte der Chef bei dem warmen Wetter die Gelegenheit nutzen, mal den Futterzustand seiner Bienen zu pruefen. Ich habe Abstand gehalten – es brummte und summte und schwirrte gewaltig, als er einen Deckel oeffnete. Aber sie leben noch, jedenfalls anscheinend die meisten der Voelker. Das waere gut und wichtig, denn wir haben schon wieder viele Vorbestellungen fuer Honig.

Die sinkenden Temperaturen hielten den Chef natuerlich nicht davon ab, sein neuestes Projekt fertigzustellen und anzuschmeissen: Die Wachsschmelze. Natuerlich aus Edelstahl. Und angeblich gar nicht so unaehnlich einer Distille. Aber sowas wuerde ich natuerlich nicht wissen. Nun zieren schon viele gelbe Wachskuchen die Werkbank draussen. Der Herr Nachbar D., der auf einem Bild zu sehen ist, soll der Kerzenzieher werden. Mir traut man das anscheinend nicht zu. Aber waaate!

Der Herr Nachbar uebrigens traegt eine von mir gefilzte Kreation auf dem Kopf, die ich nicht fuer gut befunden hatte, die ihm aber gefiel. Und er hat da auch keinerlei Hemmungen – find ich gut. Und der Herr Chef strahlt auf beiden Bildern! Na ja, er hat jedenfalls sowas wie ein Laecheln auf dem Gesicht. Das geht immer dann, wenn irgendwo ein prima Feuer zugange ist!

Und dann noch das Emmi. Es kann gar nicht verstehen, was hier wieder mal schieflaeuft. Da haengt doch jemand Ziegenrippen AN DIE WAND – so ein Quatsch. Kann ein Hund nicht dran. Hat man den ganzen Tag Arbeit, das Gesocks zu vertreiben, dass sich immer wieder anschleicht. Totaler Bloedsinn. Aber es gibt ja Emmi, pflichtbewusst und immer da.

Bizarre Welt

Ein anderes Wort faellt mir gerade nicht ein fuer die letzten paar Tage. Der letzte Weihnachtsmarkt ist geschafft, ohne Probleme, im Gegenteil mit freundlichen Helfern und netten Gespraechen. Aber auch einigen Bizarrheiten. Manchmal gucke ich eher von aussen drauf und sehe mich in diesem Film, in dem dunkel gekleidete Hutterermaedchen eifrig in Avon-Katalogen blaettern, deren Produkte sie offiziell nie benutzen duerfen. In dem sehr runde aeltliche (wahrscheinlich 54) kleine Damen mit grauen Persianerloeckchen Polyacryl-Babykleidung haekeln in – na ja – babyrosa, babyblau, babygruen, babygelb, in dem es aber auch die schon mal erwaehnte tarnfarben-baumwollene Umhuellung fuer die Spueliflasche gibt. Professionell hergestellte Alpaca-Webdecken neben den allgegenwaertigen Haekel-„Afghans“, haeufig mit wellenfoermigem Muster versehenen Polyacryl-Decken, die hier anscheinend unabdingbar auf Sofas und Betten herumliegen. Ein Mann mit staerkstem osteuropaeischem Akzent, der ukrainische Wurst und Mohn- und Walnussstrudel verkauft (den ich natuerlich kaufe, weil superlecker und Heimwehmaterial) und der hinter seinen Tischen in einer kleinen Gideons-Bibel liest. Der aber von den anderen Baeckerdamen misstrauisch beaeugt wird, bringt er doch seine Waren aus der City of Edmonton. Gegenueber von den Hutterern eine junge Frau, die essentielle Oele fuer die Energiearbeit mit Menschen und Raeumen anbietet, darunter Monsterspray (Lavender und Kamille, anzuwenden gern in Kinderschlafzimmern, wenn dort mal wieder schwarze Wesen unterm Bett lauern 🙂 Eine beinamputierte froehliche junge Frau, die immer tiefdekolletiert rumlaeuft, zwei entzueckende Kinder hat, einen hoch interessanten Nachnamen, und die wunderschoene handgestrickte Cowls (solche Halswaermerteile) verkauft. Daneben die Petit-Point-Polyacryl-gestickten, haeuschenfoermigen Behaeltnisse fuer Kleenex-Schachteln. Barbie-Koepfe auf Draht-Perlen-Krinolinen-Konstruktionen, mit Fluegeln zudem. Die Lebenserinnerungen eines alten Trappers, von ihm selbst aufgeschrieben und als Buch veroeffentlicht, mit dem Trapper mit Pelzmuetze hinterm Tisch.

Ich sag es euch, man muss es sehen, um es zu glauben. Und das alles in unserem kleinen Valleyview! Und dazu Intrigen, Anfeindungen, Umarmungen, Dankeschoens fuer einen guten Markt von relativ fremden Menschen. Nach einigem an Vorbereitung in Form von Telefonaten, Emails, Papierkrams hatte der Markttag fuer mich um 5 Uhr begonnen, und um 20:08 waren wir mit Abbauen fertig, und vor mir lag nur noch das Einraeumen der Hinweisschilder von den Buergersteigen und dann die Heimfahrt durch den stetig fallenden Schnee, minus 20 Grad. Als ich aus der ueberheizten Halle trat, musste ich erst mal vorsichtig atmen. Aber frische Luft, wie wunderbar! Winter ist immer noch ok.

Zu Hause war es warm, und der Chef hatte nach kurzer Uebersicht ueber die Einnahmen schon eine Flasche Wein temperiert (und auch schon angebrochen, der ungeduldige Mensch.) Und die Heimfahrt hatte auch geklappt. Im Gegensatz zu der vom Vortag…

Ich war naemlich Ziegen ausliefern, drei Stueck, die erstmal der Tiefkuehltruhe entronnen sind, wie schoen! Sie werden die ohnehin schon grosse Herde (300 Stueck) der benachbarten Kaschmirziegenzuechterin mit ihren Milchqualitaeten bereichern. Dann schnell in die Stadt, Buecher abliefern, ein paar Dinge erledigen, und heimwaerts. Auf dem Highway nach Osten Gegenverkehr, festgefahrene Schneedecke, Schneegestoeber – und keine Last mehr auf den Hinterraedern, bei Antrieb eben dort. Um nicht zu weit auf die Gegenfahrbahn zu kommen, geriet ich wohl zu weit an den schneebedeckten Teerrand, der Bus zog kaum merklich erst, aber dann doch sehr bestaendig nach rechts, ich kriegte ihn nicht rumgezogen, und so rauschte ich einmal mehr in den Graben! Diesmal allerdings mit Ueberquerung einer Einfahrt und dem dazugehoerigen Aufprall auf deren Boeschung, und diesmal auch mit der Sorge, dass ich mich tatsaechlich seitlich ueberschlagen koennte, so bedrohlich schief hing ich voruebergehend. Hat aber alles prima geklappt. Bus gruendlich festgefahren, direkt gegenueber von dem Hof, wo ich schon mal wegen eines Platten liegengeblieben bin und dessen Bewohner ich fluechtig kenne. Der Chef war sowieso auf dem Heimweg, hat mich und die Wertsachen eingesammelt und den Bus haben wir erstmal seinem Schicksal ueberlassen. Was fuer ein Glueck, dass wir keine teuren Autos haben, davon aber einige. Gestern allerdings bat sich der Chef aus, dass ich den anderen Bus auf der Strasse lasse: „Wir haben ja nur so viele Autos!“

Jetzt sitze ich muede und mit so’ner Art Muskelkater im Bett und mag mich dem Tag noch nicht stellen. Immer noch kalt, immer noch Schnee, immer noch dunkel. Ich verstehe nicht, wieso die ganze Schlepperei (Wasser, Heu, Futtersaecke, Markttische, Honigeimer, widersetzliche Ziegen) mich, statt staerker, nur muskelkateriger macht. Gestern sagte eine Haendlerin: Sport gilt anscheinend nur, wenn man dafuer bezahlt, alles andere nuetzt nix. Wer weiss, vielleicht ist das so… Und dann wollten sie mir auch noch weismachen, dass man nur bis 30 fitter wird, danach unabdingbar schwaecher. Nein, nein, nein, das geht ja wohl gar nicht! Allerdings habe ich durch den Markt herausgefunden, dass in der relativen Nachbarschaft eine gepruefte Masseurin lebt, die sowohl zu Hause arbeitet als auch Hausbesuche macht. Der werde ich wohl meinen Nacken und meine Schultern mal anvertrauen, als kleines Weihnachtsgeschenk fuer mich selbst.

Und jetzt noch einen Tee, und dann Tuerchen Nr. 10 geoeffnet!

Kein Bock auf Arbeit!

Schnell noch ein kleines Anekdoetchen aus meinem „Berufsleben“. Vorigen Mittwoch war es morgens mal wieder hektisch, nichts klappte, wie es sollte. Und zu allem Ueberfluss brach auch noch, als ich schon in Dienstkleidung und ziemlich sauber war, Mafalda aus und stand beim Bock am Zaun. Weil sie sowieso gedeckt werden sollte, fand ich es schlau, sie gleich in den Bock-Zaun zu sperren. Toerchen auf, Mafalda rein – dachte ich. Klappte aber nicht. Mafalda war widersetzlich, der Bock wollte raus, eine andere Ziegen auch, es kam zu einem kleinen Gerangel am Tor, in dessen Verlauf ich den Bock mit einem gekonnten Hueftschwung wieder hinter den Zaun schubste. Tor zu, fertig. Im Auto merkte ich, dass der Bodycheck (bockycheck…) olfaktorische Spuren hinterlassen hatte… Oh weh!! Nicht nur merkten es alle in der Praxis sofort, nein, nach der Mittagspause bat mich dann auch der Chef, doch bitte fuer den Rest des Tages nach Hause zu fahren, weil es naemlich der armen Karla schon ganz elend sei. Oh wie peinlich!!!

Cuendigung auf canadisch

Aaalso:

Ich fuehlte mich ja doch seit einiger Zeit etwas ueberfordert. Die Arbeit wurde ueberhaupt nicht weniger, der Haushalt entglitt mir (ist ja allerdings nichts Neues), aber schlimmer noch, aller Papierkram stapelt sich eher mehr als weniger unsortiert. Und ich war unzufrieden. Viele Gedanken, einige Gespraeche mit dem Herrn Hoe., einige emails mit netten Menschen hin und her spaeter habe ich dann meine Stelle in der Tierarztpraxis gekuendigt. Das ist ja was Interessantes, kanadisch kuendigen. Zuerst einmal hatte ich Probleme, meine beiden Chefs in Ruhe gemeinsam zu erwischen. Als ich ein ernstes Gespraech ankuendigte, setzte sich Brett erstmal hin. Dann brachte ich mein Anliegen vor, sie waren etwas erstaunt, aber Brett hatte sowas mittelfristig erwartet. Wann ich denn gehen wolle? Na, sagte ich, ich will euch ja hier nicht einfach haengenlassen, ich hatte mir bis Ende des Jahres spaetestens gegeben. – Ach nein, sie wissen ja, dass ich sehr beschaeftigt auch zu Hause und mit dem Markt sei, wenn ich wolle, koenne ich gleich aufhoeren (es war Freitag) und dann wuerden sie mal die naechste Woche ohne mich probieren, und dann solle ich vielleicht einmal die Woche noch nachmittags kommen, um Karla bei der Eingabe der Patientendaten zu helfen. Fertig. – Kurz und eigentlich schmerzlos. Von wegen Kuendigungsfrist und Zeugnis und was sonst noch alles. Nix. Ich hoere auf. OK.

Nun sitze ich hier und geniesse einerseits meine neu gewonnene Freiheit, aber ich war auch ein bisschen traurig. Es hat mir wirklich viel Spass gemacht, und wer passt jetzt auf die armen Strays auf? Da muss ich mir noch was einfallen lassen.

Andererseits habe ich ja nun schon den zweiten Tag ausser der (bisherigen) Reihe wieder frei, und man darf nicht denken, dass es in Haushalt und Papierstapeln grosse Verbesserungen gibt. Aber als mildernder Umstand mag gelten, dass eben morgen dieser Weihnachtsmarkt ist. Danach sehen wir weiter.